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Buchfink und Raupen machen sich rar

GARTENTIERE: Versiegelung, Zierrasen und fremde Pflanzen stören

  • Prof. Dr. Ulrich Sedlag, Zoologe
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Tierwelt des Gartens verarmt. Manches dabei bleibt zwar unbeachtet, und es ist im Detail auch schwer nachweisbar. Doch zahlreiche Indizien sprechen dafür, dass der Eindruck der Verarmung nicht täuscht.

Der Buchfink (Foto: Michael Maggs/CC-by-sa-2.5) ist längst aus unserem Siedlungsgebiet verschwunden. Ebenso der Girlitz, der regelmäßig auf der Fernsehantenne sang. Abschreiben muss man wohl auch den Hausrotschwanz, einst nach dem Haussperling der häufigste Vogel. Andere Vögel, etwa Schwalben, besuchen den Garten seltener.

Bei den Insekten dürfte sich der teilweise zusammengebrochene Bestand nicht mehr erholen. Die Ursachen? Klimatische Veränderungen haben kaum etwas damit zu tun. Man beschuldigt oft Pflanzenschutzmittel. Das ist sicher ein Irrtum; in der Nachbarschaft wie im eigenen Garten dürfte Schneckenkorn die einzige chemische Abwehr sein.

Allerdings ist zu bedenken, dass viele unserer Gartenbewohner nicht an Ort und Stelle heranwachsen. Bei den Tagfaltern sind es wohl einige Weißlinge, alle anderen sind jedoch Zuwanderer, von denen Admiral und Distelfalter sogar auf Nachschub aus Südeuropa oder Nordafrika angewiesen sind. Eine wichtige Verarmungsursache ist ebenso die Versiegelung des Bodens. Oberirdisch lebenden Kleintieren bieten auch regelmäßig gemähte Rasenflächen kaum Lebensmöglichkeiten.

Eine sehr bedeutende Rolle spielt die schon lange andauernde Zunahme gebietsfremder Pflanzen in unseren Gärten. In denen entwickeln sich nur wenige Insekten (so dass auch die Nahrungsgrundlage für Räuber, Parasiten und Vögel geschmälert ist). Ein Bestimmungsbuch für Raupen von Großschmetterlingen nennt für Eiche 69 Arten, für Weißdorn 65, für Weiden 101 und für Birke gar 111 – aber beispielsweise für den Walnussbaum oder die Rosskastanie nur das gelegentliche Auftreten einer unspezialisierten Art. Und nicht eine einzige für den Wilden Wein, den Feuerdorn, den Blauregen, den Lebensbaum oder die Robinie.

Was für die Gehölze gilt, gilt auch für zahlreiche durch fremde Arten ersetzte Blumen. Und man muss dabei wohl auch an die Zeit und Kraft denken, die pflanzenfressende Insekten und von ihnen abhängige Insektenfresser auf der Suche nach Nahrung dort vergeuden, wo es nichts für sie zu holen gibt.

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