Risiken und Potentiale

Agrargiganten Russland und China setzen auf Wachstum

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.
Russland und China sind bereits heute Größen im Welthandel mit landwirtschaftlichen Produkten. Über den Agrarsektor beider Staaten informierte eine Veranstaltung, zu der das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) am Rande der Grünen Woche in Berlin einlud.

Russland gehört zu den global wichtigsten Getreideexporteuren. Bis 2019 könnte es die USA bei Weizen von Platz 1 vertreiben, so die Prognose von William Liefert, Agrarökonom vom US-Landwirtschaftsministerium. Dabei litt die Landwirtschaft Russlands wie auch die anderer Nachfolgestaaten der Sowjetunion immer wieder an heftigen Umbrüchen. So sank etwa die Anbaufläche Russlands zwischen 1987 und 2006 stetig. Ab 2000 stiegen die Erträge, 2006 wurde das Land schließlich zum Getreideexporteur. Angesichts von Dürre und verheerenden Bränden 2010 erließ Moskau ein Exportverbot. Nach Ansicht des Agrarwissenschaftlers Jürgen Zeddies habe diese Politik der russischen Landwirtschaft eher geschadet, da ihre Unternehmen so internationale Verträge brachen. Zeddies zählt zudem mangelndes Management, Marktferne, schwache regionale Infrastruktur und Kapitalmangel zu den Schwächen der russischen Landwirtschaft. Potentiale sieht Zeddies in den Dauerbrachflächen: 2009 waren das über 27 Millionen Hektar. Einige westliche Investoren seien bereits aktiv und konnten mit moderner Agrartechnik die Produktivität enorm steigern, aber es gebe weiterhin hohe Risiken durch eine unberechenbare Exportpolitik oder Korruption.

Die chinesischen Führung habe ein hohes Bewusstsein für die Rolle sicherer Ernährung und damit des Agrarsektors, so die Einschätzung von Klaus Supp, der sich an der Deutschen Botschaft in Peking von 2006 bis 2010 mit der Thematik befasste. Bisher werde das Wachstum der chinesischen Landwirtschaft durch Umweltschäden wieder aufgefressen. Insgesamt steigen zwar in den fruchtbaren Teilen des Landes die Erträge, aber auf Kosten des Wasserverbrauchs und eines deutlich zu hohen Düngemitteleintrages. Zugleich wachse aber nicht nur die Bevölkerung weiter, sondern auch die Konsummuster veränderten sich. In den Städten sei eine neue Mittelschicht entstanden, die mehr Fleisch- und Milchprodukte nachfrage. Der Molkereisektor erreichte bis zum Melamin-Skandal 2008, als die illegale Streckung von Milchpulver aufgedeckt wurde, bis zu 40 Prozent Wachstum. Entsprechend importiere China schon heute 60 Millionen Tonnen Futter-Soja pro Jahr. Diese Nachfrage wird vor allem von den USA, Argentinien und Brasilien gedeckt und beeinflusst deren Landwirtschaft nachhaltig. Die Regierung in Peking setze für die Lösung ihrer Agrar-Probleme vor allem auf Gentechnik. Bis 2020 seien staatliche Forschungsausgaben von umgerechnet 3,8 Milliarden Dollar geplant.

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