Flugzeugträger zu Wohnparks

Die LINKE in Rheinland-Pfalz verabschiedete ihr Wahlprogramm / Der Landtagswahlkampf beginnt

  • Hans-Gerd Öfinger, Trier
  • Lesedauer: 3 Min.
Neun Wochen vor der Landtagswahl am 27. März hat sich die rheinland-pfälzische LINKE in Trier ein Wahlprogramm gegeben und den Wahlkampf eröffnet.

Nach heftigen internen Konflikten waren die Kontrahenten der LINKEN am Samstag sichtlich um Schulterschluss in der Zielsetzung bemüht: Die für den Einzug in den Mainzer Landtag erforderlichen magischen fünf Prozent sollen erreicht werden. Engagierte Debatten auf dem Landesparteitag gab es dieses Mal lediglich bei Änderungsanträgen zum Programmentwurf.

Zu den Markenzeichen der LINKEN im Vier-Millionen-Land zwischen Pfalz und Westerwald gehört die Forderung nach einem Zukunftsinvestitionsprogramm im Umfang von 20 Milliarden Euro für Infrastruktur, Bildung, Verkehr und Umwelt. Es soll auch über eine Millionärssteuer finanziert werden.

Militär zurückbauen

Zum Abbau der traditionell starken Militärpräsenz im Land und zur Bewältigung der Folgen für die betroffenen Regionen soll ein Landesamt für Konversion eingerichtet werden, das den Rückbau der Militärbasen und deren Umbau zu Technologie- und Forschungseinrichtungen sowie Wohnparks koordiniert. An die Stelle ziviler Arbeitsplätze bei der Bundeswehr sollen gleichwertige Ersatzarbeitsplätze treten. Bisher von Bundeswehr und US Army genutzte Flächen sollen »Standorte des Friedens« werden, sagte Robert Drumm, der auf Platz 1 der Landesliste antritt. »Unser Bundesland ist bekannt als US-Flugzeugträger«, kritisiert auch Tanja Krauth, die gemeinsam mit Drumm eine Doppelspitze bildet.

Der Parteitag sprach sich für einen schrittweisen Ausstieg aus dem hauptsächlich vom irischen Billigflieger Ryanair genutzten Flughafen Hahn aus. Als erste Schritte werden ein Verzicht auf die militärische Nutzung, ein Nachtflugverbot von 22 bis 7 Uhr und die Einbeziehung der Bevölkerung bei grundlegenden Infrastrukturentscheidungen gefordert. Der damit verbundene Arbeitsplatzabbau soll »mit dem Ausbau einer kleinteiligeren und umweltschonenden wirtschaftlichen Infrastruktur« ausgeglichen werden, so das Programm. Die vom Land zur Subventionierung des defizitären Flughafenbetreibers jährlich eingesetzte zweistellige Millionensumme will die Partei lieber für den Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur dieser ländlichen Region, eine Förderung von nachhaltigem Tourismus und den Wiederaufbau eines wohnortnahen Einzelhandels verwenden.

Statt einer großen Straßenbrücke über den Mittelrhein in Sichtweite des Loreley-Felsens fordert die LINKE eine Fährverbindung. Weitere Eckpunkte im Landesprogramm sind die Abschaffung von Ein-Euro-Jobs und Zeitarbeit sowie die Schaffung von vollwertigen Arbeitsplätzen ohne Befristungen.

Ohrfeige für Beck

Robert Drumm, der als Kreistagsmitglied in Kusel und langjähriger Bürgermeister kommunalpolitische Erfahrung hat, bekräftigte seine Kritik am Finanzgebaren der Mainzer SPD-Regierung gegenüber den Kommunen. Vor wenigen Tagen hatte das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass deren Finanzausstattung durch das Land unangemessen und nicht verfassungsgemäß sei. Drumm sieht darin eine »schallende Ohrfeige« für die Regierung Beck. Dass die Landes-SPD nach 20 Regierungsjahren nun plötzlich eine »große Bildungsoffensive« verspreche, sei dem Druck der LINKEN geschuldet, die die Gemeinschaftsschule als Regelschule mit kostenlosem Mittagessen für alle Kinder und individueller Förderung auf die Agenda gesetzt habe.

»Wir werden am 27. März in Fraktionsstärke in den Landtag einziehen«, zeigte sich auch der Landesvorsitzende Wolfgang Ferner zuversichtlich. Um dieses Ziel zu erreichen, will auch Gregor Gysi kräftig mithelfen. Der Fraktionschef im Bundestag geißelte die Vermögensverteilung. Während bundesweit 11,5 Millionen Menschen von Armut erfasst seien, habe sich die Zahl der Vermögensmillionäre auf 861 000 erhöht. Gysis Plädoyer gegen Privatisierungen, für eine armutsfeste Rente, Bürgerversicherung und Chancengleichheit sowie die Demokratisierung der Wirtschaft feierten die Delegierten mit stehenden Ovationen.

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