»Ich sagte: Unterzeichnen Sie!«
Israels Expremier Olmert über Verhandlungen mit den Palästinensern
Tel Aviv (dpa/ND). Die israelische Zeitung »Jediot Achronot« veröffentlichte am Donnerstag vorab Auszüge aus einem neuen Buch Olmerts. Darin geht es unter anderem um einen Vorschlag zur Lösung des Konflikts, den Olmert dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas vor mehr als zwei Jahren unterbreitet habe.
Olmert berichtete, er habe Abbas am 16. September 2008 ein Grundsatzabkommen vorgestellt. Er habe dem Palästinenserpräsidenten auch eine Landkarte vorgelegt, auf der der künftige Grenzverlauf eingezeichnet war. Die territoriale Aufteilung habe sich an den Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 orientiert, mit dem geplanten Austausch bestimmter Gebiete.
Die jüdischen Viertel in Jerusalem sollten bei Israel bleiben und die arabischen Viertel Teil eines entmilitarisierten Palästinenserstaates werden. Die Jerusalemer Altstadt sollte der Oberhoheit von fünf Staaten unterstellt werden. Israel sei bereit, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen, aber nur auf individueller und humanitärer Basis, nicht auf der Basis einer generellen Familienzusammenführung. Das Westjordanland und der Gaza-Streifen sollten durch einen Tunnel verbunden werden, deren Ein- und Ausfahrt von den Palästinensern kontrolliert werden sollte.
»Noch nie zuvor hatte ein israelischer Ministerpräsident einen so ausführlichen und detaillierten Vorschlag für eine Lösung des Konflikts vorgelegt«, heißt es in Olmerts Aufzeichnungen. Er habe »die Last der ganzen jüdischen Geschichte« auf seinen Schultern gespürt. Abbas habe sich jedoch mehr Zeit ausgebeten und gesagt, er könne nicht sofort entscheiden. »Ich sagte ihm, dass er einen historischen Fehler mache«, schrieb Olmert. »Ich sagte ihm: ›Nehmen Sie den Stift und unterzeichnen Sie jetzt! Sie werden nie einen faireren oder gerechteren Vorschlag bekommen. Zögern Sie nicht. Auch mir fällt es schwer, aber wir haben keine andere Option, als uns zu einigen‹.« Abbas habe jedoch gesagt, er müsse sich mit Experten beraten, weil er sich nicht gut genug mit Landkarten auskenne. »Seitdem habe ich Abbas nicht mehr getroffen. Die Landkarte ist bei mir geblieben.«
Nach den jüngsten Enthüllungen des arabischen Fernsehsenders »Al-Dschasira« und des britischen »Guardian« hatte Abbas die sehr große Karte Olmerts damals auf ein Taschentuch kopiert, die sogenannte Servietten-Landkarte. Seine Gegner kritisierten in den letzten Tagen die angebliche Bereitschaft, große Teile Ost-Jerusalems aufzugeben, als Ausverkauf der palästinensischen Sache.
Die Nahost-Friedensverhandlungen waren zu dem damaligen Zeitpunkt überschattet von Korruptionsvorwürfen gegen Israels Regierungschef Olmert.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!