Massenentlassung mit Ankündigung

Sana-Kliniken in Lübeck wollen über 100 Beschäftigte entlassen / Widerstand angekündigt

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Klinikkonzern Sana will sich sanieren – und dafür Beschäftigte entlassen und in ausgegliederten Servicebereichen wieder anstellen – für weniger Lohn. 102 Beschäftigte sind betroffen.

Die Ansage aus der Geschäftsleitung scheint gnadenlos: Bei den Lübecker Sana-Kliniken sollen zum Jahreswechsel 102 Beschäftigte aus dem Bereich der patientenfernen Dienstleistungen entlassen werden. Die Vorgabe lautet: Eine Million Euro sollen im Personalwesen eingespart werden. Betriebsrat und Gewerkschaft ver.di kündigen an, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Massenentlassung zu wehren.

Vor acht Jahren wurde der Klinikkomplex »Krankenhaus-Süd« an der Kronsforder Allee privatisiert und fand Aufnahme in die Familie des bundesweiten Sana-Klinikverbundes, der inzwischen 44 Einrichtungen umfasst. Jetzt hängt der Haussegen schief. Eine Mitarbeiterin kann sich nicht erinnern, dass die Stimmung schon einmal schlechter gewesen sei.

Nach Jahren, in denen Gewinne erwirtschaftet wurden, folgten in den vergangenen beiden Geschäftsjahren rote Zahlen, 2010 in Höhe von zwei Millionen Euro. Sana möchte sich wettbewerbsfähig halten und den zuletzt angehäuften Investitionsstau im Bereich Patientenräume und Medizintechnik beseitigen. Zuletzt waren die Beschäftigten bereits bereit, auf Teile ihres Weihnachtsgeldes zu verzichten, um ihre Arbeitsplätze zu sichern. Die jetzige Ankündigung trifft viele wie einen Keulenschlag, denn die Hälfte der Betroffenen aus den Bereichen Krankentransport, Reinigung und Archiv ist 50 Jahre und älter. »Dass die Klinik ein Minus erwirtschaftet hat, liegt in erster Linie daran, dass Schleswig-Holstein im bundesweiten Gesundheitswesen neben Mecklenburg-Vorpommern die niedrigsten Basisfallwerte hat«, rechnet Wolfgang Hooke vor. Das bedeutet, dass die jeweilige Krankenhausbehandlung mit einem im bundesweiten Vergleich geringeren Leistungsbetrag vergütet wird. »Läge der Sana-Standort 70 Kilometer weiter südlich in Niedersachsen, dann wäre ein Gewinn von über einer Million Euro herausgesprungen«, sagt der ver.di-Fachsekretär aus Lübeck. Für ihn ist es ein Unding, dass diese im Gesundheitssystem gelagerte Ungerechtigkeit nun auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden soll.

Sana in Lübeck verweist darauf, dass bei einer Tarifsenkung etwa bei den Gebäudereinigern die Kündigungen noch nicht das letzte Wort seien. Geschäftsführer Klaus Abel führt das Beispiel des Konkurrenten, dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) an, wo die Reinigungskräfte über vier Euro die Stunde weniger bekommen. Doch auf derartige Debatten über wechselseitiges Lohndrücken will man sich bei ver.di nicht einlassen.

Sechs von 29 Servicebereichen plant Sana auszugliedern. Für die Betroffenen steht fest: Dabei handelt es sich um einen Betriebsübergang mit entsprechendem Beschäftigtenschutz, die Sana-Spitze spricht dagegen von betriebsbedingten Kündigungen auf Grund der Stilllegung einzelner Betriebsteile, ehe der outgesourcte Neubeginn starten soll. Das wäre dann aber gleichbedeutend damit, dass dem größtenteils identischen Personal rund 30 Prozent weniger gezahlt werden würde, weiß der jetzige Betriebsrat, wohin die Reise aus unternehmerischer Sicht gehen soll. Das klingt sehr nach einer Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht. Laut ver.di blockiert Sana jeglichen Interessenausgleich und Sozialplan, so dass momentan keine Gespräche stattfinden. Hooke vermutet, dass der Druck auf Lübeck von der Konzernspitze kommt. Beim letzten bekannt gewordenen Benchmarking habe der Standort Lübeck mit am schlechtesten abgeschnitten.

An den anderen Sana-Standorten wird die Auseinandersetzung in Lübeck mit Interesse verfolgt. Einige Belegschaften haben diese »Rosskur« schon hinter sich, anderen droht ein ähnliches Schicksal.

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