Privatrisiko

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.

Seit Jahrzehnten überlässt die Politik Millionen von pflegenden Angehörigen ihrem Schicksal. Der größte Teil von ihnen bekommt gar keine Leistungen aus der Pflegeversicherung. Es wird ganz einfach vorausgesetzt, dass Töchter ihre Mütter pflegen, Frauen ihre Männer und ja, auch Männer ihre Frauen. Doch in der Regel ist Pflege weiblich, nicht nur in Heimen oder bei Pflegediensten. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, dass sich die Gesellschaft hier schlicht anmaßt, auf eine private Leistung zurückzugreifen, die im Grunde genauso eine Relevanz hat wie die Betreuung der Kinder. Allerdings ist sie bei Weitem nicht so anerkannt und traditionell hinter verschlossenen Türen angesiedelt.

Wenn die Politik plötzlich die pflegenden Angehörigen entdeckt, nachdem sich Vereine wie die Alzheimer Angehörigen Initiative, die Alzheimergesellschaft oder andere Organisationen seit 15 Jahren vergeblich um mehr Aufmerksamkeit für dieses Problem bemühten, sollte man sich freuen. Das gelingt allerdings schwer, denn die Finanzierung all dieser vollkommen berechtigten Forderungen nach bezahltem Urlaub für Pflegende oder umfangreicheren Leistungen für Betroffene steht in den Sternen. Klar ist nur eines, die vernünftige Idee einer solidarischen Pflegeversicherung, die Arbeitgeber und Privatversicherte mit einbezieht, ist vom Tisch. Alten- und Krankenpflege betrachtet die Gesellschaft nicht als ihr Ding. Das ist Privatrisiko und wird ganz sicher auch so zu bezahlen sein.

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