Bombengeschäfte für Lockheed und Co.

SIPRI-Bericht: Die größten Waffenschmieden der Welt verdienen auch in der globalen Wirtschaftskrise sehr gut

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Waffenhersteller machen auch in globalen Wirtschaftskrisen satten Profit, wie ein Report des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI jetzt zeigt: Trotz Rezession steigerten die 100 größten Rüstungskonzerne der Welt ihren Umsatz im Jahr 2009 um acht Prozent und verkauften Kriegsgüter im Gesamtwert von 401 Milliarden Dollar (300 Mrd. Euro).

In Bethesda weiß man besonders gut: Rüstung rechnet sich. Hier im Bundesstaat Maryland ist Lockheed Martin zu Hause, die größte Waffenschmiede der USA und wieder die Nr.1 in der Welt, wie im jüngsten SIPRI-Bericht zu lesen ist. 33,4 Milliarden Dollar setzte man 2009 um, knapp zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Das entspricht dem Bruttoinlandsprodukt von Staaten wie Jordanien. Zuvor hatte der Spezialist für Kampfflugzeuge, der sein Geld auch mit Satelliten und Informationstechnik verdient, den Spitzenplatz zeitweilig an den britischen BAE-Konzern verloren, das größte europäische Rüstungsunternehmen, das allerdings mehr als die Hälfte seines Umsatzes in den USA macht.

Dort wiederum sind sieben der weltweit zehn größten Waffenhersteller beheimatet. Allein diese zehn verdienten 2009 rund 228 Milliarden Dollar. Von den 100 führenden Rüstungskonzernen haben 78 ihren Sitz in den USA und in der Europäischen Union. Die 45 US-amerikanischen sorgen für 61,5 Prozent der globalen Rüstungsproduktion, die 33 europäischen für rund 30 Prozent. Erste deutsche Firma auf der Hitliste der Todeshändler ist Rheinmetall (u.a. Kampfpanzer Leopard 2, Schützenpanzer Puma und Transportpanzer Fuchs) mit Platz 32. Auch Krauss-Maffei-Wegmann (50.), ThyssenKrupp (53.), Diehl (63.) und MTU Aero Engines (82.) zählen dazu. Zudem ist Daimler maßgeblich am transeuropäischen Rüstungsmulti EADS beteiligt, der mit einem Umsatz von 15,9 Milliarden Dollar zu den Top-10 in der Welt gehört (Eurofighter, Satelliten, die Transportmaschine A400M).

Laut SIPRI-Jahrbuch 2010 ist Deutschland hinter den USA und Russland inzwischen der drittgrößte Waffenexporteur. Allein in den vergangenen fünf Jahren haben hiesige Waffenschmieden ihre Lieferungen fast verdoppelt, auch in Konfliktgebiete und an Staaten, in denen Menschenrechte massiv verletzt werden. Jahrzehntelang wurde etwa das Mubarak-Regime in Ägypten mit MP5-Maschinenpistolen von Heckler&Koch, Militärelektronik, gepanzerten Fahrzeugen oder Panzerteilen beliefert.

Zusammen haben die 100 Branchenführer ihren Umsatz im Jahr 2009 trotz der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seit Jahrzehnten wieder um acht Prozent steigern können. Die Staatsausgaben für Kampfflugzeuge, Kriegsschiffe, Raketen, Panzer und andere Waffensysteme stiegen nach SIPRI-Angaben um 14,8 auf 401 Milliarden Dollar (300 Mrd. Euro). Seit USA-Präsident George W. Bush den »Krieg gegen den Terror« verkündete, haben sich die globalen Rüstungsausgaben mehr als verdoppelt. Das Geschäftsvolumen der Waffenproduzenten wuchs seit 2002 inflationsbereinigt um 59 Prozent. Wobei wegen fehlender Daten chinesische, ukrainische und kasachische Unternehmen nicht berücksichtigt wurden.

Der weltweite Rüstungsmarkt boomte auch, weil die Exporte in Spannungsgebiete zugenommen haben, vor allem in den Nahen und Mittleren Osten, und weil Länder wie Russland und China ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhten. Entscheidend für die profitablen Geschäfte seien aber vor allem die wachsenden Militärausgaben Washingtons gewesen, erklärte SIPRI-Rüstungsexpertin Susan Jackson. Nicht zuletzt die Kriege in Afghanistan und Irak tragen zum Boom bei, »muss das dort verlorene Kriegsmaterial doch ständig ersetzt, repariert und verbessert werden«.

Zugleich heizte das Modernisierungsprogramm der US-Streitkräfte die Rüstungskonjunktur an. Auch unter Präsident Obama kletterte der jährliche Pentagon-Etat auf Rekordhöhen und erreichte unabhängig von den zusätzlichen Kriegskosten rund 550 Milliarden Dollar. Die gesamten Militärausgaben der Supermacht dürften nach Expertenschätzungen zuletzt bei über 700 Milliarden Dollar gelegen haben.

Selbst wenn die USA-Regierung angesichts des gewaltigen Schuldenbergs von rund 14 Billionen Dollar inzwischen auf Einsparungen drängt – bei Lockheed und Co. ist man dank langfristiger Verträge weiter gut im Geschäft. Im Schlussquartal 2010 verkaufte der Marktführer mehr Waffen als im Jahr zuvor. Der Umsatz sei um fünf Prozent auf 12,8 Milliarden Dollar, der Gewinn sogar um 19 Prozent auf 983 Millionen Dollar gestiegen, informierte Konzernchef Bob Stevens. Und die Auftragsbücher sind voll. So soll Lockheed Martin für die US Air Force u.a. die F-22-Raptor-Kampfjets für 726,6 Millionen Dollar aufrüsten.

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