Tränendes Herz und Tausendschön

GARTEN: Bei minus 15 Grad einfach länger auf den Frühling freuen

  • Brigitte Müller, Hobbygärtnerin und Umweltautorin
  • Lesedauer: 3 Min.

Ist doch zum Heulen, dass es wieder so lausig kalt geworden ist, sagt meine Nachbarin und guckt einigermaßen deprimiert auf die minus 15 Grad, auf die das Thermometer abgestürzt ist. Na ja, denke ich, der Wetterfrosch der Regenwürmer ist auch gerade kein Ausbund von Zuverlässigkeit mehr ... Aber heulen hilft nicht, da freue ich mich doch einfach etwas länger auf den Frühling und auf seine zauberhaften Tränen.

Das altmodische Mohngewächs Dicentra (Foto: B. Müller) kam aus Chinas Bergregionen in unsere Gegend und ist eine unschlagbare Zierde nicht nur in Bauerngärten. Die Blütenherzen, aufgereiht an langen überhängenden Zweigen, sind zusammen mit dem filigranen Blattwerk geradezu ein kleines Kunstwerk der Natur. Wer einen schattigen Platz im Garten schmücken möchte, hat mit Tränenden Herzen in verschiedenen Sorten eine pflegeleichte Möglichkeit dazu. Dicentra braucht einen feucht-kühlen humosen Boden und möchte wenig gestört werden. So zerbrechlich wie die Pflanze oberirdisch wirkt, so ist auch ihr Wurzelstock.

Je nach Sorte blühen die Tränen über mehrere Wochen von April bis August. Die kleinste Sorte (D. eximia, Zwergherzblume) wird 20 bis 30 Zentimeter hoch, die größte (D. spectabilis) reckt sich bis auf 80 Zentimeter hinauf. Die klassische Blütenfarbe ist rosa bis purpurrot, aber es gibt auch weiß blühende Sorten. In der Blattfarbe bietet Dicentra Schattierungen zwischen Grün bis graublau. Da sich Tränende Herzen nach der Blüte von der Oberfläche zurückziehen, sollten sie mit anderen Stauden kombiniert werden: Farne, Astilben, Elfenblumen oder Kaukasusvergissmeinnicht eignen sich sehr gut. Aber auch Gräser wie das goldene Flattergras bieten eine reizvolle Kombination. Wenn die früh blühenden Pflanzen schon ausgetrieben haben und Frost droht, sollte man den empfindlichen jungen Spross mit einem Karton schützen. Ansonsten sind diese reizvollen Geschöpfe absolut pflegeleicht.

Nicht weniger pflegeleicht ist Fräulein Sittsam bzw. Miss Modesty, wie die Engländer Bellis perennis nennen. Das Gänseblümchen, einst christliches Sinnbild für Reinheit und Bescheidenheit sowie Symbolpflanze heidnischer Göttinnen, schmückt auf einem Gemälde Botticellis den Mantel der Venus. Dieses kleine und dabei so starke Gewächs ist nicht nur tausendschön, sondern auch heilkräftig: Bitter- und Gerbstoffe, Inulin, ätherische Öle und Saponin prädestinieren den Frühaufsteher im Jahr geradezu für eine Kur, die Magen, Leber und Galle stärkt, entwässernd und entzündungshemmend wirkt. Gänseblümchen wachsen bis in 2400 Meter Höhe, ertragen auch unerschrocken mehrmaliges Rasenmähen, wenn das Gefährt nicht gerade wöchentlich angedröhnt kommt und sehr tief die Halme rasiert.

Während dem wilden Gänseblümchen oft kaum Beachtung geschenkt wird, tragen viele gern im Frühjahr Tausendschönchen für Balkon oder Garten nach Hause. Große rote oder weiße halbkuglige Blüten haben die Züchter aus dem wilden Geschöpf entwickelt. Wer rote Bellis-Kulturformen zu den kleinen Wilden gesellt, kann beobachten, wie sie sich vermischen – in Farbe und Form; multikulti im Blumenrasen … Doch ich mag lieber die wilden Maßliebchen – im Salat oder im Brennnesselspinat oder als Frühlingstee: ein Teelöffel Blätter und Blüten pro Tasse, aufbrühen und kurz ziehen lassen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal