Anti-Söldner-Konvention »nicht prioritär« – trotz Libyen?

Diktator Gaddafi versteckt sich angeblich hinter afrikanischen Kämpfern, deutsche Kritiker übersehen eigene Versäumnisse

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Immer wieder wird von ausländischen Söldnern berichtet, die das Dasein des libyschen Regimes verlängern. Tausende Milizionäre aus Afrika seien in Libyen eingerückt, um den Widerstand gegen Gaddafi niederzukämpfen. Das »Problem Söldner« ist uralt, doch die Bundesregierung hat seine Brisanz offenbar noch immer nicht erkannt. Denn seit über 20 Jahren hat sie eine entsprechende UN-Resolution nicht ratifizieren lassen.

Als selbsternannter Führer der arabischen Staaten hat der selbsternannte Oberst – mit letztem Dienstgrad Hauptmann – Gaddafi 1972 eine »Islamische Legion« rekrutiert. Vor allem aus den Sahelstaaten Mali, aus Niger, Tschad und Sudan kamen die Leihsoldaten. Auch aus Pakistan sowie aus Nigeria, Äthiopien und Somalia kamen Söldner, die von libyschen Offizieren geführt werden.

Es gehört zur Doppelzüngigkeit verschiedener westlicher Staaten, die Söldnerpraxis in Libyen – so es sie gibt – zu verurteilen und sich selbst ungeniert ihrer zu bedienen. Allen voran die USA und Großbritannien. Doch auch die Bundesregierung hätte Grund zur Selbstkritik. Am 4. Dezember 1989 hat die UN-Generalversammlung eine »Internationale Konvention gegen die Anwerbung, den Einsatz, die Finanzierung und die Ausbildung von Söldnern« verabschiedet. Am 20. Dezember 1990 wurde das Dokument von der Bundesregierung unterzeichnet. Doch bis jetzt liegt noch kein Gesetzentwurf vor, mit dem das Parlament die Konvention ratifizieren könnte.

Auch ohne Illusionen über die Wirksamkeit der durchaus unvollkommenen UN-Resolution zu hegen – ein deutsches Gesetz gegen das Söldner(un)wesen ist überfällig. An Erinnerungen hat es nicht gemangelt. Sogar der heutige Staatsminister im Auswärtigen Amt Werner Hoyer hat als einfacher Abgeordneter der FDP nachgefragt. Die SPD hat in ihrer Nachregierungszeit ebenfalls Handeln angemahnt. Nun stößt die Linksfraktion nach – mit einem Antrag, der wesentlich über die bisherigen Vorlagen hinausgeht. Man will ein generelles Verbot von deutschem Mietsoldatentum und vergleichbaren Dienstleistungen erreichen.

Niemand weiß, wie viele Deutsche als Söldner durch die Welt ziehen. Und in wessen Auftrag sie unterwegs sind. Sicher ist, dass Behörden des Bundes – über den Umweg privater Firmen – Söldner anheuern. So hat der Bundesnachrichtendienst auf Geheiß des Bundeskanzleramtes 2009 Sicherheitsexperten aus der Bundeswehr sowie aus der Bundespolizei nach Libyen abgestellt. Man bediente sich dabei der BDB Protection GmbH.

Die Firma ist eine von rund 3700 im Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS). Die meisten der 170 000 Angestellten sind »sauber«, umso weniger fallen die »schwarzen Schafe« auf. Der BDWS schätzte schon vor knapp drei Jahren, dass rund 3000 deutsche Privatmilitärs im Nahen und Mittleren Osten sowie weitere 1000 in Afrika »Dienst« tun.

Ehemalige Soldaten aus der Bundeswehr wie Polizisten aus Spezialeinheiten operieren aber mit Kontrakt ausländischer Militärfirmen in Irak, Afghanistan und in nordafrikanischen Staaten. Bei der »Umschulung« ehemaliger Soldaten auf Söldner dürfen sich einige der privaten Sicherheitsfirmen sogar auf Geld vom Staat freuen. Unter anderem dank des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr.

Ehemalige Kommandeure von deutschen Spezialeinheiten agieren im Ausland gut entlohnt als Ausbilder. Das heißt, sie geben Wissen weiter, dass sie im Dienste der Bundesrepublik Deutschland erworben haben. So wie der Ex-Chef der GSG 9 Ulrich Wegner bei der israelischen Sicherheitsakademie, die angesichts solcher Experten und ob der Unterstützung durch Israels Geheimdienst Mossad international einen »guten« Ruf haben.

Das alles ist der Bundesregierung nicht neu. Sie steht – wie es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vom November 2010 heißt – »Initiativen, die auf internationaler oder nationaler Ebene eine effektive Erfassung und Kontrolle von Tätigkeiten privater Sicherheitsunternehmen zum Ziel haben, weiterhin grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Die Ratifizierung der UN-Anti-Söldnerkonvention sei aus ihrer Sicht jedoch »nicht prioritär«.

Prioritär wird das Problem mit den Söldnern dagegen in unserem Nachbarland Schweiz behandelt. Der Berner Bundesrat beauftragt das Justizressort, bis zur Jahresmitte einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Kontrolle der Sicherheitsfirmen vorzulegen. So gut Kontrolle auch sein mag, einzig Erfolg versprechend ist die Ächtung des Söldnerwesens. Und sei es zunächst einmal national.

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