Japaner fürchten verstrahlte Lebensmittel

Erhöhte Werte bei Milch und Spinat / Radioaktiv verseuchtes Wasser in Reaktornähe

  • Susanne Steffen
  • Lesedauer: 2 Min.
Wegen des Zwischenfalls im Atomkraftwerk Fukushima sind Lebensmittel radioaktiv verstrahlt. In vier Provinzen verbot die japanische Regierung den Verkauf und Export belasteter landwirtschaftlicher Produkte wie Milch und Spinat.

In der japanischen Bevölkerung wächst die Angst vor verstrahlten Lebensmitteln. Nachdem am Wochenende erstmals erhöhte Strahlenwerte in Spinat und Milch gemessen wurden, hat die japanische Regierung am Montag Restriktionen für die Ausfuhr belasteter landwirtschaftlicher Produkte aus vier Präfekturen in Reaktornähe verhängt. Sie bekräftigte allerdings, die Strahlenwerte stellten kein unmittelbares Gesundheitsrisiko dar. Auch ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation erklärte, dass Lebensmittel, die kurzzeitig Radioaktivität ausgesetzt gewesen sind, auf kurze Sicht keine Gefahr für die Gesundheit darstellten. Auch im Tokioter Trinkwasser wurden leicht erhöhte radioaktive Jod- und Cäsiumwerte gemessen. Gestern wurde zudem ein erhöhter Wert radioaktiven Jods im Wasser eines Dorfes in 40 Kilometern Entfernung vom Kraftwerk festgestellt. Er lag mehr als drei Mal über dem erlaubten Grenzwert. Als Vorsichtsmaßnahme riet das Gesundheitsministerium den Bewohnern, das Wasser nicht zu trinken.

Die Verbraucher sind indes völlig verunsichert. Schon vor den staatlichen Restriktionen hatten besorgte Filialleiter von Supermärkten die betroffenen Lebensmittel aus den ohnehin noch immer schlecht gefüllten Regalen genommen. In Fernsehinterviews forderten verunsicherte Supermarktkunden detailliertere Informationen über die Strahlenbelastung und mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit.

Unterdessen wird im Katastrophengebiet um die nördliche Metropole Sendai das Ausmaß der menschlichen Tragödie des verheerenden Erdbebens immer deutlicher. Nach Angaben des japanischen Fernsehsenders NHK stieg die Zahl der geborgenen Toten auf 8649. Außerdem sind noch immer 13 261 Menschen als vermisst gemeldet.

An zahlreichen von dem Tsunami am schlimmsten betroffenen Orten lagen die Schulen auf Hügeln und blieben deswegen von der Flutwelle verschont. In den meisten Schulen war zum Zeitpunkt des Bebens Unterricht. Viele Kinder haben seither nichts mehr von ihren Familien unten an der Küste gehört. Experten fürchten, dass viele dieser Kinder nun Vollwaisen sind.

Die Regierung hat bereits Kinderpsychologen in die Evakuierungszentren entsandt. Doch vor der schlimmen Wahrheit können auch sie die Minderjährigen nicht schützen. NHK zeigte Bilder eines Grundschülers, der mit seiner Familie nach verschollenen Verwandten gesucht hatte und mitansehen musste, wie die Trümmer seines Elternhauses mit schwerem Gerät abgerissen wurden. Der Junge brach dabei weinend zusammen.

Auch im übrigen Japan klagen immer mehr – vor allem kleine – Kinder angesichts der ununterbrochenen Katstrophenberichterstattung über Schlafstörungen. Um den Kindern etwas Geborgenheit und einen Hauch von Normalität zu geben, hat sich der Fernsehsender dazu entschieden, zumindest auf einem Kanal die Krisenberichterstattung für das Kinderprogramm zu unterbrechen.

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