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»Natürlich, macht doch Spaß«

FDP in Aufruhr / Brüderle will Minister bleiben

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Debakel vom Wahlwochenende ist in der FDP die Führungsdebatte nicht mehr aufzuhalten. Die Frage nach den Verantwortlichkeiten wird täglich lauter.

Während die Wahlsieger in Rheinland-Pfalz bereits zur Tagesordnung übergehen, indem sie heute mit ihren Koalitionsgesprächen beginnen, haben die Nachwehen des Wahlwochenendes für den größten Wahlverlierer erst begonnen. Die FDP nicht nur in Rheinland-Pfalz, wo sie aus dem Landtag ausgeschieden ist, befindet sich in einer tiefen Krise. Forderungen häufen sich, auch die Führungsspitze der Partei insgesamt müsse Verantwortung übernehmen.

So fordert Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine offene Führungsdebatte. Die Partei müsse sich »sehr grundsätzlich Gedanken« über ihre inhaltliche und personelle Ausrichtung machen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger der »Augsburger Allgemeinen« vom Dienstag. Im Deutschlandradio Kultur wurde sie noch deutlicher. Sie rechne auch in der Parteiführung mit personellen Veränderungen, sagte sie dort. Inhaltlich hat die Ministerin etwa Veränderungen in der energiepolitischen Ausrichtung der FDP im Auge.

Am Abend zuvor hatte bereits Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle angekündigt, auf einem Sonderparteitag am 7. Mai nicht mehr als Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz zu kandidieren. Schnelle personelle Konsequenzen im Bund hat Parteichef Guido Westerwelle jedoch ausgeschlossen. Das FDP-Präsidium soll am 11. April mit den Landesvorsitzenden über die künftige Parteiführung beraten.

Ungeduldig zeigen sich die Jungen Liberalen. Der Vorsitzende der Jugendorganisation, Lasse Becker, gab zu Protokoll, er könne es »nicht mehr hören, wenn gesagt wird: Wir haben verstanden. Spätestens, wenn man das dritte Mal in Folge verstanden hat, hat man die zwei Mal davor offensichtlich nicht verstanden«, so Becker in der »Leipziger Volkszeitung«. Die FDP hat in diesem Jahr bereits den Einzug in zwei Landesparlamente – Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz – verpasst.

Die Worte des JuLi-Vorsitzenden mag der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum mit Wohlgefallen gehört haben. Er hat seinerseits einigen Parteikollegen wie Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und dem NRW-Vorsitzenden Daniel Bahr vorgeworfen, in der jetzigen Situation nicht mutig genug zu handeln. In der ARD-Sendung »Beckmann« rief Baum die Kritisierten unverblümt zu einer Machtprobe auf. »Die jungen Leute, die bisher nur geredet haben, sollen jetzt mal handeln! Wenn man hört, es gibt dann Machtkämpfe und Auseinandersetzungen – so what? Dann sollen sie eben stattfinden!« Baum nahm kein Blatt vor den Mund, wo er die Verantwortung von Westerwelle sieht: »Er hätte verstehen müssen, dass die FDP einen Riesenvertrauensverlust hat hinnehmen müssen nach der Bundestagswahl. Da hätte er schon sagen müssen: Wir haben verstanden, wir stellen uns anders auf, ich bringe Jüngere in die Verantwortung. Es ist weitergemacht worden.«

Auch aus der CDU kommen ungewöhnlich deutliche Worte. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister sieht bei Brüderle eine Mitschuld der FDP-Wahlniederlage, weil der das Moratorium über sieben AKW mit dem Wahlkampf begründet hatte. Und der Thüringer CDU-Fraktionschef Mike Mohring nannte Brüderle deshalb einen GAU für die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung. »Der Mann gehört abgeschaltet.« Brüderle selbst sieht seine politische Zukunft zumindest als Minister bisher nicht gefährdet. Auf die Frage, ob er Minister bleiben wolle, antwortete er: »Natürlich, macht doch Spaß«.

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