Totalitäre Missionare

E in erneuter Anfall von Hybris? Ist er endgültig reif für die Anstalt? Man weiß nicht so recht, wie man den neuen Vorstoß von Hubertus Knabe werten soll. Der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen will noch im April nach Tunis reisen, um die dortige Übergangsregierung im Umgang mit der Vergangenheit zu beraten. Man wird ihn dort sicher schon heiß erwarten, haben die Tunesier doch keine anderen Probleme, als einem selbst ernannten Chef-»Aufklärer« aus dem fernen Deutschland Haftanstalten des alten Regimes zu zeigen und sich belehren zu lassen, wie diese in effektvolle, totalitäre Gruselkabinette zu verwandeln seien. Die dann keiner besucht, außer zwangsrekrutierte Schulklassen oder voyeuristische Touristen. Das arbeitende und arbeitslose Volk wird kaum einen Nerv dafür haben, wie schon Ostdeutschland zeigte, wo DDR-Horrorstätten von den Bürgern wenig frequentiert oder honoriert werden.

Knabe tritt die große Reise nicht allein an. Mit von der Partie bei dieser Hubertusjagd ist Christoph Schaefgen, General-Ankläger in den Politbüroprozessen. Bereits nach Aburteilung von Honecker & Co. hatte er den Wunsch deklariert, global Diktatoren zu erlegen. Gestürzt wurde Ben Ali von den Tunesiern. Und es ist ihnen zuzutrauen, dass sie ihre Geschichte allein bewältigen – ohne paternalistisches Gehabe fremder Missionare.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal