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Tod aus Versehen
Die NATO-Offiziellen haben sich nicht lange mit dem Lamento aufgehalten. Eine untere Stufe auf der Skala offiziösen Bedauerns wurde für ausreichend befunden, nachdem am Wochenende in Libyen ein dutzend Menschen im Bombenhagel der »alliierten« Flugzeuge zu Tode kam: mindestens vier Zivilisten, deren Leben man doch eigentlich laut UNO-Resolution vor Gaddafi schützen wollte, und erst recht neun Anti-Gaddafi-Rebellen, für deren militärischen Sieg Frankreich diesen Luftkrieg anfing.
Ernsthafte Anstrengungen, den Sachverhalt zu dementieren, wurden angesichts absehbarer Erfolglosigkeit nicht unternommen. Auch der Versuch, die Toten einer üblen Intrige der Gaddafi-Truppen zuzuschreiben, scheiterte schnell. Und so gab es schon einen Tag nach dem »Versehen« am Sonntag eine Erklärung des Militärpaktes. Darin steht der Satz: »Informationen über zivile Opfer nehmen wir grundsätzlich ernst.« Ob den NATO-Gewaltigen der ausgesuchte Zynismus dieser Worte bewusst ist, bleibt unklar. Klar indes ist: Es wird weitergebombt.
Man kennt diese Art verbaler Vor- und Nachbereitung des Mordens aus der Luft seit Jahren aus Afghanistan. Vieles funktioniert wie dort. Auch das grundsätzliche Herangehen: Erst schießen, dann fragen. Der Straffreiheit gewiss, darf man auf alles feuern, was sich bewegt oder gar schießt, ohne auch nur annähernd genau zu wissen, was sich da unten abspielt. Ein Oberst Klein ist überall.
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