Gleiche Spielregeln

Regierung beschließt schärfere Kontrollen von freien Finanzberatern

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Anleger sollen auf dem grauen Kapitalmarkt künftig besser geschützt werden.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen »freie« Finanzvermittler künftig stärker überwacht werden. Das Kabinett verabschiedete dazu am Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf, der die rund 80 000 firmenunabhängigen Finanzberater verpflichtet, ihre Provisionen offen zu legen. Außerdem sollen sie beim Gewerbeamt eine Prüfung ablegen und ihre Kunden in so genannten Beipackzetteln über Risiken und Chancen von Geldanlagen informieren.

Freie Finanzvermittler auf dem Grauen Kapitalmarkt wurden bisher kaum beaufsichtigt. Telefon und eine flotte Internetseite genügten oft, um dubiose Beteiligungen, teure Genussscheine oder riskante Miniaktien zu verticken. Die »Berater«, egal ob seriös oder schwarzes Schaf, benötigten keine Ausbildung und keine Prüfung.

Fortan sollen alle Finanzvermittler verschärfte Anforderungen erfüllen. Dazu gehört eine »Sachkundeprüfung«. Bislang reichte eine einfache Anmeldung beim Gewerbeaufsichtsamt aus. Auch eine Berufshaftpflicht-Versicherung wird in Zukunft verlangt. Dadurch haben Verbraucher die Chance auf Schadensersatz, wenn sie falsch beraten wurden. Die grauen Vermittler müssen nun zudem Beratungsprotokolle ausstellen. Bislang gab es das nur bei Banken. Und um die Verbraucher kurz und knapp auf wenigen Seiten zu informieren, müssen den grauen Produkten zukünftig Beipackzettel beigelegt werden, die leicht verständlich über Risiken und Nebenwirkungen aufklären. »Wir verschärfen die Haftung für fehlerhafte oder fehlende Prospekte«, sagte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU).

Für herkömmliche Produkte wurden Beipackzettel bereits mit dem Anlegerschutzgesetz ab Juli festgeschrieben, das der Bundestag bereits verabschiedet hat. Zudem müssen die Finanzberater ihre oft hohen Provisionen offen legen, die sie für den Verkauf eines Produktes vom Anbieter erhalten.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) lobte den Gesetzentwurf, die Rechte der Verbraucher würden gestärkt. »Für Banken und freie Vermittler gelten jetzt die gleichen Spielregeln.« Tatsächlich war bislang noch nie mehr Verbraucherschutz für Anleger auf dem Grauen Markt. Dennoch oder gerade darum ist das Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagengesetz heftig umstritten. Die Finanzbranche befürchtet höhere Kosten für die Ausbildung der Finanzverkäufer; die Vermittler scheuen den bürokratischen Aufwand.

»Ohne Biss« sei der Gesetzentwurf, kritisieren Verbraucherschützer. Die Vorgaben für die Ausbildung lassen Lücken und für einen großen Teil des Finanzvertriebs in Deutschland sollen die Gewerbeämter zuständig bleiben. »Gute Ansätze des Entwurfs bleiben Stückwerk, weil die Regierung es versäumt, für eine schlagkräftige Aufsicht zu sorgen«, erklärt der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) Gerd Billen. Ausgerechnet für Verkäufer von Graumarktprodukten sollen die lokalen, häufig überlasteten Gewerbeämter zuständig bleiben. Die Kontrolle des sonstigen Wertpapiervertriebs, beispielsweise durch Banken und Sparkassen, liegt in der Verantwortung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). »Die Bafin ist für solche Aufgaben spezialisiert«, kritisiert Billen, »den Gewerbeämtern fehlt dagegen die Erfahrung für solche Prüfungen.« Die Folge: Das Aufsichtsniveau variiert, je nachdem welche Anlageprodukte Verbraucher bei wem kaufen. Der Verbraucherschutzverband fordert den Bundestag auf, an diesem wichtigen Punkt nachzubessern.


Lexikon

Die Firmen am Grauen Kapitalmarkt arbeiten legal, sie unterliegen aber nicht der staatlichen Finanzaufsicht. Daher tummeln sich hier nicht wenige unseriöse oder gar betrügerische Anbieter. Anlegern werden häufig höhere Renditen als im Bankenbereich üblich versprochen, die nur durch besonders risikoreiche Geschäfte erwirtschaftet werden können. Den Anlegern ist dies aber oft nicht bewusst. Angeboten wird alles – von Beteiligungen an unbekannten Unternehmen über Immobiliengeschäfte bis hin zum Diamantenhandel. Schätzungen zufolge entsteht hier jährlich ein Schaden in Höhe von rund 20 Milliarden Euro. ND

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