Oskar Lafontaine bereit für Rückkehr?

Lötzsch sauer auf »Pressesprecher Gysi«

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein eher verschwommener Satz aus einer Hintergrundrunde Gregor Gysis mit Journalisten hat den müden Blick der Medien auf die LINKE auf einen Schlag hellwach werden lassen. Oskar Lafontaine könnte in die Bundespolitik zurückkehren, lautet der Satz.
Vor der glorreichen Rückkehr? ND-
Vor der glorreichen Rückkehr? ND-

Es handelt sich genau genommen um keine Mitteilung. Oskar Lafontaine könne sich eine Rückkehr in die Bundespolitik vorstellen, sagte Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi. Wörtlich: »Er schließt es für Notsituationen nicht aus.« Die Mitteilung enthält keine gesicherte Information, zumal Lafontaine keine Stellungnahme abzugeben bereit war. Dieser habe nicht die Absicht, ein bundespolitisches Spitzenamt zu übernehmen, fügte Gysi lediglich an. Unklar ist nunmehr, was Lafontaine denn für ein Amt übernehmen könnte, wenn kein Spitzenamt. Vor allem aber: Was ist eine Notsituation? Gysi gab einen nur vagen Hinweis, indem er auf die Situation der PDS 2003 verwies, als die Vorsitzende Gabi Zimmer ihren Rücktritt ankündigte und Lothar Bisky zur Rückkehr an die Parteispitze aufforderte. Davon ist die derzeitige Vorsitzende Gesine Lötzsch aber weit entfernt. »Über den Parteivorsitz entscheiden in einer demokratischen Partei Parteitage. Gregor Gysi ist ein hochbegabter Politiker, aber als Pressesprecher von Oskar Lafontaine völlig ungeeignet.«

Inwieweit Oskar Lafontaine die »Notsituation« beenden könnte, deren Eintreten sein Antreten auslösen würde, ist ebenfalls offen. Gerade dort, wo der Rückhalt für den Saar-Fraktionsvorsitzenden immer am deutlichsten war, in den westlichen Landesverbänden, ist man am wenigsten bereit, eine Notsituation der Partei einzuräumen. So bekennt Wolfgang Ferner, Vorsitzender in Rheinland-Pfalz, dass sein Landesverband »mehrheitlich begeistert« wäre über eine Rückkehr Lafontaines. Er begründet dies aber nicht mit einer Notsituation, sondern mit der generellen Bedeutung Lafontaines für die Partei. Wie auch Ulrich Wilken, Landeschef in Hessen, der salomonisch urteilt: Lafontaine war, ist und bleibt wichtig für die LINKE, egal an welchem Platz.

Ganz egal ist das wohl nicht. Immerhin hielte es Ferner für wünschenswert, wenn Lafontaine im Falle der Rückkehr eine Entscheidung herbeiführen würde – an jener »Weggabel«, an der die Programmdebatte sich derzeit befinde. Dies deutet auf den eigentlich nicht neuen Zwist zwischen radikalen und realpolitischen Linken in der Partei hin. Steffen Bockhahn, Vorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern und Vertreter jener Strömung, die Ferner als Gegenpart sieht, bekennt, dass er eine Rückkehr Lafontaines für falsch hielte. Es gebe Jüngere, denen eine Chance gegeben werden sollte, sagte er gegenüber dpa. Der Hinweis auf strategische Differenzen in der Partei weist wohl auf den eigentlichen Grund wachsender Frustrationen hin. So beklagt Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, man sei in konzeptionellen Fragen steckengeblieben und gebe sich mittlerweile mit »einfachen Antworten« zufrieden. Noch immer habe man keine Antwort darauf gefunden, wie mit der SPD umzugehen sei, seit diese in der Opposition agiere.

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