Ein zarter Hauch von verrotteter Zwiebel
Die Ruhr-Universität in Bochum lädt zum Riechen in eine Duft-Ausstellung ein
Bochum. Die schlimmste Gestankquelle im Kühlschrank des Bochumer Riechforschers Hanns Hatt verströmt ihren Duft noch durch zwei Lagen Vakuum-Verpackungen und zwei Plastik-Dosen. Die seltene Duftnote »Verrottete Zwiebel« nimmt im Riechuniversum des Experten einen Spitzenplatz auf der Negativ-Skala ein. Wer einen tiefen Atemzug von der ekelhaften Mischung aus »Fäulnis, Fäkalien und Verwesung« nehmen will, hat dazu seit gestern in Bochum die Gelegenheit.
»Himmlische Düfte und Höllengestank« heißt eine bundesweit einmalige Ausstellung, die bis zum 31. Oktober im Botanischen Garten der Ruhr-Universität geöffnet hat. Rund 300 000 Besucher hatte die Schau im vergangenen Jahr im Botanischen Garten von Schloss Trauttmansdorff in Meran (Italien) angelockt. In Deutschland wird die Ausstellung nur in Bochum gezeigt.
An über 50 Stationen gibt es Düfte zu erschnüffeln. »Die Leute sollen mit offener Nase durch die Ausstellung gehen«, rät der Forscher. Doch je nach Veranlagung streikt die Nase meist nach etwa 10 bis 20 Düften. Als Geheimrezept für eine wieder freie Nase gilt eine Riechpause mit einer Schale Kaffeebohnen. Warum das so ist, ist noch ungeklärt. »Wir sind dabei, das wissenschaftlich zu erforschen«, berichtet Hatt.
Bereits abgeschlossene Studien werden dagegen am Stand der acht Düfte präsentiert, die das Leben von Menschen verändern können. Maiglöckchenduft sorgt nach den Erkenntnissen dafür, dass Spermien ihren Weg zur Eizelle finden, Jasmin fördert den Schlaf und Orangenaroma sorgt für süße Träume. Ersatzweise könne auch der Geruch der eigenen Ehefrau bei Männern für angenehme Träume sorgen, erläutert Hatt die Ergebnisse der Forschungsreihe mit Freiwilligen. Veilchenduft soll sogar Wirkungen gegen das Wachstum von bestimmten Krebszellen haben.
Doch wer bei Blütendüften immer an positive Gerüche denkt, wird enttäuscht. Im Garten der Universität finden sich auch botanische Raritäten wie die tropische Stinkblume. »Die stinkt so ekelig, dass einem fast übel wird«, beschreibt der Forscher die überwältigende Wirkung.
Überhaupt wird die Wirkung von Düften auf den Menschen nach Überzeugung von Hatt meist unterschätzt. »Ein Duft entscheidet extrem schnell über unser Wohlbefinden«, sagt er. Dies geschehe jedoch meist unbewusst. Ob sich jemand in einem Raum entspannen könne oder welches Produkt er kaufe, hänge ganz entscheidend von den Riech-Eindrücken seiner Nase ab.
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