Mit Äpfeln und Gummitierchen

Gruppe in Sydney organisierte atheistische Buskampagne durch die Stadt

  • Elisabeth Meister, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

»Das Jahrhundert von Hitler, Stalin und Pol Pot, die Ära von Massenmord, Massenabtreibung und Massenzusammenbruch von persönlichen Beziehungen, dieses Jahrhundert von staatlich auferlegtem oder kulturell unterstütztem Atheismus hat gezeigt, dass wir allen Grund zur Angst haben, wenn die Menschen Gott aufgeben«, so der katholische Bischof Anthony Fisher 2010 in einer Predigt in Sydney. Ähnlich äußerten sich Kardinal Pell und der anglikanische Erzbischof Jensen.

»Wir wollten darauf reagieren«, erklärt Andrew Lamond von der Gruppe Sydney Atheists. »Aber wir haben keinen so guten Draht zur Presse wie die Kirchen, also mussten wir uns Alternativen ausdenken.« Inspiriert von Buskampagnen in Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern, entschied sich die Gruppe, mit einem alten Londoner Doppeldeckerbus durch Sydney zu fahren.

Aktivisten in bunten T-Shirts, auf denen »Gut ohne Gott« steht, befestigen am Bus Transparente mit der Aufschrift »No God? No worries« (»Kein Gott? Kein Stress«). Daneben stehen Körbe mit Äpfeln und Gummitierchen, die bei Stopps verteilt werden sollen, sowie Flugblätter, die zu den Vorwürfen der Bischöfe Stellung nehmen. Die Stimmung ist gut. Organisatorin Fleur Dickinson erklärt: »Wir suchen keine Konfrontation, sondern wollen einfach zeigen, dass wir ganz normale, nette Menschen sind. Wir glauben nur nicht an Gott.«

Nach der Rundfahrt durch die Innenstadt, bei der der Bus neben vereinzelten bösen Blicken auch begeistertes Winken auslöst, der erste Stopp: St Mary's Cathedral. Der Gottesdienst ist zu Ende. An der Kirchentreppe stehen die Atheisten, oben kommt eine Prozession von Bischöfen aus der Kirche. Hinter ihnen weniger Gläubige, als man bei einer Kirche dieser Größe annehmen würde.

Fleur macht sich mit Gummitierchen auf den Weg. Sie werden gern genommen. Flugblätter sind weniger beliebt. Ethiklehrer Ian Bryce reiht sich unter diejenigen, die Kardinal Pell die Hand schütteln möchten, und überreicht dem verdutzten Kirchenmann ein Flugblatt. Pell fängt sich schnell, bedankt sich und betont, er sei ein »glücklicher Gläubiger«. Andere Kirchenmitarbeiter reagieren heftig: »Falscher Zeitpunkt, falsche Message, verpisst euch!«

Dann kommt der Bus auf dem Platz zwischen der anglikanischen Kathedrale St. Andrew's und dem Rathaus von Sydney an. Dort geht gerade eine Demonstration für Flüchtlingsrechte zu Ende. Äpfel und Gummitierchen finden auch hier Anklang, vor allem die Demonstrationsteilnehmer lesen die Flugblätter mit Interesse. Immer wieder bleibt ein Passant stehen, fragt genauer nach, möchte wissen, ob es regelmäßige Treffen gibt. Eine Autofahrerin liest an der roten Ampel die Plakate und empört sich: »Ekelhaft!« Doch bevor ihr jemand versöhnlich einen Apfel anbieten kann, wird es grün.

Insgesamt sind die Atheisten sehr zufrieden mit ihrer Kampagne: »Es hat Spaß gemacht und wir haben eine Menge gelernt«, sagt Andrew und plant bereits die nächste Aktion.

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