Ab in den Garten – aber in welchen?

Vielfältige Gartenrouten und öffentliche Parks

  • Thomas Sell
  • Lesedauer: 4 Min.

Eine »neue Lust auf Gärten in Deutschland« registriert man bei der altehrwürdigen Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) seit etwa zehn Jahren. Sichtbarster Ausdruck dieser Lust sind die Garten-Netzwerke und -Routen.

Die Gartenroute Hunsrück-Mittelrhein, die 2005 vom regionalen Landfrauenverband ins Leben gerufen wurde. Zertifizierte Führerinnen zeigen Gästen die 30 Anlagen, die nur eines gemeinsam haben: Hier gärtnern Hausherr und Hausherrin selbst. Ansonsten darf man auf Abwechslungen und Überraschungen hoffen: Auf den kleinen Hausgarten im Örtchen Simmern, der eine Sammlung 400 unterschiedlicher Rosensorten beherbergt, auf eine Sammlung von bis zu zwei Meter hohen blühenden »Steppenkerzen« in Dörth, gar auf eine Kakteen- und Sukkulenten-Kollektion in Schlierschied. Es gibt Bauerngärten, einen Naturkräutergarten, ein Lavendellabyrinth und dann noch einige Gärten, die in keine Schublade passen und die von keiner besonderen Sammelleidenschaft geprägt sind. Hinter manchem Zaun wird man bewirtet, manche Gärtner bieten Ableger zum Tausch oder zum Kauf an und so ziemlich alle sind einer kleinen Fachsimpelei durchaus zugeneigt.

Gegen Ende der 1990er Jahre entstanden fast zeitgleich erste Initiativen zur Gartenvernetzung, heißt es bei der DGGL. Zu den ersten gehörte die »Route der Gartenkultur im Nord-Westen«, die die Gesellschaft zusammen mit der Stadt Oldenburg in Niedersachsen ins Leben rief. Die 30 Gärten, die sich hier unter einer Marke gemeinsam präsentieren, unterscheiden sich untereinander sehr stark: In der Nähe des Städtchens Syke liegt, rund um ein 200 Jahre altes Fachwerkhaus angelegt, der »Garten im Hachetal«. Wer den sehen will, muss einen Termin ausmachen, denn dies ist der Familiengarten der Vehrings. Das andere Ende der Skala: Der Schlosspark mitten in Oldenburg, ein rund 200 Jahre alter Landschaftspark englischen Stils, in dem auch noch etliche Bäume aus den Anfangstagen stehen. Zumindest in Mai und Juni ist der »Hobbie Rhododendron Waldpark« die schönste Anlage dieser Route: Dann blühen hier rund 200 Wildarten des Gehölzes sowie mehrere hundert Sorten, die der passionierte Gärtner Dietrich Hobbies im Laufe seines Lebens gezüchtet hat. Ein zweieinhalb Kilometer langer Rundwanderweg erschließt die 70 Hektar große Anlage.

Einen noch größeren Rahmen für die Entdeckung und Bewahrung der Gartenkultur steckt das EGHN, das »Europäische Gartennetzwerk«. Sehenswertes in Deutschland, England, Frankreich, den Niederlanden und Belgien wird hier mit Unterstützung der EU bewahrt und beworben. In Deutschland gibt es fünf regionale Routen, vier davon in NRW, eine in Hessen. Besonders reizvoll ist die Tour durchs Rheinland, deren Thema das Zusammenspiel von Architektur, Landschaft und Gartenkunst ist. Schmuckstück und sogenannter »Ankergarten« der Route ist der Schlosspark Dyck: Der Landschaftsgarten rund um das barocke Wasserschloss wurde in jüngerer Zeit so restauriert, dass er fast wieder das Erscheinungsbild hat, welches ihm der schottische Gartenbaumeister Thomas Blaikie zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegeben hatte.

Einen etwas kühnen Ansatz verfolgt man auf der nordhessischen Route: Hier geht es um Gärten, die den Brüdern Grimm bekannt waren, und die somit Motive für ihre Märchenerzählungen gegeben haben könnten.

Vielleicht noch stärker als im Rheinland sind die Parks und Gärten Sachsens mit der Repräsentations- und Prunksucht der alten Herrschergeschlechter verbunden: Zu jeder der großen Anlagen gehört auch immer ein Herrenhaus. Die Vorzeige-Anlage ist der Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau, der zu zwei Dritteln jenseits der Grenze in Polen liegt. Den denkbar größten Kontrast zu dem englischen Landschaftspark bildet Großsedlitz, ein streng formaler Barock-Park nach dem Vorbild Versailles. Diese beiden Extreme sind aber nur zwei der rund 50 möglichen Stationen auf den zwölf Gartenrouten durch den Freistaat. Charmant: Es gibt Touren für Radler, Motorradfahrer, Wanderer und für Automobilisten.

Man mag es dort vielleicht nicht so gerne hören, aber in Sachsen-Anhalt findet man im Prinzip das Gleiche wie in Sachsen. »Gartenträume« heißt der Titel im Bindestrich-Bundesland, unter dem die schönsten Anlagen versammelt sind. Eines der Glanzlichter ist das Rosarium in Sangerhausen: In über 100 Jahren trug man hier weit über 8000 Rosensorten zusammen – das ist weltweit einzigartig. Und die Königin der Blumen will nicht nur bestaunt werden, in Kursen und Wochenendseminaren lernen die Gäste, wie Majestät zu pflegen sei. Allein der richtige Schnitt ist ja eine ungeheuer heikle Sache. Ungleich entspannender ist der Besuch des Gartenreichs Dessau-Wörlitz. Der Park gilt vielen als der schönste Landschaftspark des Kontinents. Die beste Art, ihn zu entdecken, ist die Kahnpartie über den See und durch die Kanäle.

Völlig andere Gartenerlebnisse verspricht ein Zusammenschluss unterschiedlicher Anbieter im Westerwald: »Kräuterwind«. Es geht um Nutzgärten, und zwar um alte Klostergärten, noch ältere römische Gärten, aber auch um Haus- und Bauerngärten neueren Datums. Knapp 30 Anlagen haben sich in der noch recht jungen Vereinigung zusammengefunden, und man entwickelt die Idee weiter: Man zeigt nicht nur Pflanzen, sondern es wird auch vermittelt (und verkauft), was man daraus herstellen kann. Heilmittel zum Beispiel, aber auch Liköre, Gewürze, Duftwässerchen.

Informationen:

www.dggl.org, www.eghn.org

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