Große Kunst am Bonsai-Board

TRICKREICHES HANDWERK: Ende Mai treffen sich die besten Fingerboarder in Oberfranken und küren ihren Weltmeister

  • Lesedauer: 3 Min.
Flinke Finge (»Fast Fingers«): Der Titel ist Programm bei der Fingerboard-WM am letzten Maiwochenende, die wieder hunderte Fans und Aktive ins oberfränkische Schwarzenbach lockt. Der gelernte Altenpfleger TIMO KRANZ (34; Foto: M. Ehrenberger) aus Berlin hatte sich 2009 den WM-Titel geholt und erklärt im Gespräch mit RENÉ GRALLA, wie man die Skateboards im Miniformat kontrolliert.

ND: Was unterscheidet Sie von Menschen, die sich in Jugendtage zurückträumen und Matchbox-Autos hin und her schieben?
Kranz: Im Gegensatz zu denen, bewege ich die Boards nicht nur stumpf über eine Tischplatte, sondern ich kann, und das ist mein Ding, die Fingerboards durch die Luft fliegen lassen.

Wie richtige Skateboards?
Korrekt! Und das ist nicht so einfach, das musst du lernen. Und genau das macht die Faszination aus.

Ursprünglich waren die Miniboards bloß Schlüsselanhänger.
Ja, bis die ersten Leute versucht haben, sie auch zu fahren. Es gibt Plastikversionen für Neueinsteiger, aber Boards für Fortgeschrittene sind aus Holz gefertigt und haben lenkbare Achsen sowie Kugellagerrollen. Im Schnitt sind sie 10 Zentimeter lang.

Bei einem Trick, der »Kickflip« heißt, dreht sich das Board einmal um seine Längsachse – quasi frei schwebend, weil kurzfristig ohne Körperkontakt. Warum fällt es nicht einfach runter?
Das ist die gleiche Technik wie bei den Skateboards. Die folgt einer physikalischen Formel aus Neigungswinkel, Reibung und Schwung. Die Fingerkuppen korrespondieren mit den Füßen, der Zeigefinger entspricht dem linken Bein, der Mittelfinger dem rechten.

Das scheint reichlich fummelig zu sein ...
Im Gegenteil, das ist Spaß pur. Vorher war ich Skateboarder, musste jedoch wegen Knieproblemen aufgeben. Da haben mir Freunde ein Fingerboard geschenkt. Ich habe rumprobiert und herausgefunden, dass man damit auch springen kann. Und wenn dir nach längerem Üben ein fetter Trick gelingt, dann durchströmt dich ein Glücksgefühl, das du sonst nur vom Skateboardfahren kennst.

Bei der WM geht es um Punkte. Dafür muss ein ausgetüftelter Parcours bewältigt werden.
Die Anlage ist drei Meter lang und 1,50 Meter breit. Über den Parcours verteilt sind viele kleine Rampen, die zwischen 20 und 30 Zentimeter hoch sind.

Wie viele Kandidaten treten an?
Maximal 150 Teilnehmer dürfen starten. 2010 waren 14 Nationen vertreten, die längste Anreise hatte ein Fingerboarder aus Neuseeland.

Nach welchen Kriterien wird der Weltmeister ermittelt?
Unter anderem musst du eine 60-Sekunden-Kür absolvieren. Der Schwierigkeitsgrad, die Zahl der Versuche und der Style, also die Schönheit deines Laufs, werden bewertet.

Die Schiedsrichter müssen wohl scharfe Augen haben?
Die haben das drauf, das sind Leute aus der Szene.

Wie alt ist der typische Fingerboarder?
Ich falle schon aus dem Rahmen, der Durchschnitt liegt bei 10 bis 14 Jahren.

Wie kommentiert der Freundeskreis Ihr Hobby?
Die haben gemerkt, dass Fingerboarding kein Kinderkram ist.

4. Fingerboard WM: 28. Mai 2011 in Schwarzenbach/Saale, Kirchenlamitzer Str. 20; Bezugsquelle für Fingerboards und Equipment: Blackriver Store, Boxhagener Str. 14, 10245 Berlin. Weitere Infos: www.blackriver-ramps.com

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