Führerloses Pakistan

Kommentar von Roland Etzel

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist die Schwere des Anschlags, die ihn heraushebt. Dass er als Rache für Bin Laden ausgegeben wird, ist höchstens zusätzliche Provokation und irreführend. Dieses jüngste Selbstmordattentat in Pakistan ist eines unter vielen in diesem Jahr und den Jahren davor. Es zeigt einmal mehr, dass Pakistan unter einer sich auflösenden Staatsstruktur Chaos und Terror ausgeliefert ist. Das eine bedingt das andere. Seit dem erzwungenen Abtritt des Präsidentengenerals Musharraf und der Ermordung von dessen Rivalin Benazir Bhutto stehen dem Land seit drei Jahren ein schwacher Premierminister Gilani und ein Präsident Zardari vor, der dieses Amt einzig seinem Status als Witwer Bhuttos zu verdanken hat.

Die USA sehen das in ihrer südlichen Aufmarschbasis gegen Afghanistan seit längerem mit Unbehagen. Um so erstaunlicher ist ihre Unfähigkeit zu einem politischen Konzept gegenüber Pakistan. Mit immer mehr Geldern zur Finanzierung des pakistanischen Rüstungshaushalts will das Pentagon die Generäle in Islamabad bei Laune halten – und brüskiert sie dann mit dem Coup gegen Bin Laden vor ihrer Haustür; lässt sie vor aller Welt als nicht weiter beachtungswürdige Deppen dastehen, die – das ist die Botschaft, die bei den 170 Millionen Pakistanis ankommt – wohl auch einem Enthauptungsschlag durch den Erzrivalen Indien nichts entgegenzusetzen hätten. Die Taliban – oder wer auch immer den Anschlag vom Freitag ausführte – haben diese Annahme blutig unterstrichen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal