Kriminell kultiviert

Martin Suter drängt's zur Bestseller-Serie

  • Alice Werner
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun geht auch der Schweizer Bestsellerautor Martin Suter mit einer Krimireihe an den Start. Vorhang auf also für einen neuen Serienhelden. Sein Name ist Allmen, Johann Friedrich von Allmen, und sein Bargetränk sind eisgekühlte Margaritas – geschüttelt, nicht gerührt. Seine Visitenkarte, wenn er eine hätte, würde ihn als Kunstsammler, Charmeur und Hochstapler ausweisen. Äußere Kennzeichen: Ein gutgeschnittenes Gesicht, die Nase etwas zu platt, eierschalenfarbenes Hemd, spiegelblanke Schuhe. Narben: keine. Er liebt: Art-déco Möbel und Klatschgeschichten. Unter seiner Würde: weiße Hotelschlappen, knausrige Trinkgelder, das eigenhändige Steuern eines Autos, sowie jede Form von roher Gewalt.

Da sind auch Gesetzesverstöße mit Eleganz zu verrichten. Ein Antiquitätengeschäft etwa betritt er aus Prinzip nie ohne seinen schweinsledernen Pilotenkoffer – ein Prachtstück, das Eindruck schindet, und genügend Platz bietet für Meissner Porzellan, das man ohne zu zahlen mitnehmen möchte. Überhaupt die Kreditwürdigkeit! Sie ist doch das Wichtigste im Leben! Also gehört Allmen mit Selbstverständlichkeit der Klasse Menschen an, die im Stammcafé zwar anschreiben lassen und beim Coiffeur offene Saldi haben, aber ein Premierenabonnement der Oper unterhalten. Wer chronisch pleite ist, muss es sich ja nicht anmerken lassen.

»Jeder meiner Romane ist eine Hommage an eine literarische Gattung«, so Suter. »Dieser ist eine an den Serienkrimi.« Mit »Allmen und die Libellen« entfernt er sich nicht weit vom Kern des Genres, den Arthur Conan Doyle und Agatha Christie in der Nachfolge Edgar Allan Poes geprägt haben: Ein unerschrockener Held steht vor einem Rätsel und hat es mit Verstand und Herzblut zu lösen. Bei Suter sieht sich der Privatier und »Lebensschwänzer« Allmen, so viel sei verraten, mit einem spektakulären Kunstraub inklusive Versicherungsbetrug und Mord konfrontiert. Im Zentrum stehen fünf hinreißende und äußerst wertvolle Jugendstil-Schalen des legendären Glaskünstlers Émile Gallé. Entlang Allmens Vermutungen und Schlussfolgerungen entwickelt sich die Geschichte – im klassischen Kriminalroman verleiht ja gerade die Psychologie des beobachtenden Helden der Handlung Spannung. Und so bringen erst Allmens Marotten und Manien den Stein bedrohlich ins Rollen.

Am Ende aber kann sich der liebgewonnene Neuling unter den literarischen Ermittlern zufrieden auf die Schulter klopfen: Der Einstand ist glorreich gelungen. Allmen wird von der Polizei mit einer ordentlichen Belohnung honoriert. Und obendrein und ganz per Zufall hat er nun endlich seine wahre Berufung gefunden: »International Inquiries« – internationale Ermittlungen aller Art. Wenn das nicht nach einem Erfolg versprechenden Geschäftsmodell klingt.

Martin Suter: Allmen und die Libellen. Roman. Diogenes. 208 S., geb., 18,90 €.

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