Musik der Hoffnung

Benda Bilili!

  • Alexandra Exter
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer »Buena Vista Social Club« erhebend fand und lebensbejahend, der sollte sich auch diesen Film ansehen. »Benda Bilili!« ist ein Dokumentarfilm über Musiker, die keine Chance zu haben schienen – und sie trotzdem ergriffen. Ein Film über Rollstuhlfahrer in einer Stadt, in der die Straßen selten lückenlos asphaltiert sind, über Arme in einem Land, das an Armen mehr als genug hat. Ein Film über eine Band, die sich Staff Benda Bilili nennt, zur Hälfte aus Männern besteht, die durch Kinderlähmung oder Kriegsverletzungen gezeichnet sind, und trotzdem nie ganz die Hoffnung aufgaben. Über den Band-Gründer, der Leon Likabu heißt, aber von allen nur Papa Ricky genannt wird, über einen Straßenjungen, der immer schon dazugehören wollte und zwar kein »richtiges« Instrument besitzt, aber so viel Talent, dass es zur Aufnahme in die informelle Truppe trotzdem reicht. Über die Straßenecke von Kinshasa, an der man sich trifft, über den Zoo – oder was davon übrig ist –, in dem man probt, wenn es wirklich ernst wird. Und über eine Europa-Tournee, ausgerichtet von einem Platten-Label im geografisch fernen, seit Kolonialzeiten fatal nähergerückten Belgien.

Der sorgte – zumindest auf der letzten, erst nach dem Filmende stattfindenden – Europa-Tournee auch für »richtige« Rollstühle, denn was die Mitglieder von Benda Bilili sich da aus Not, Fahrrädern und verfügbaren Metallabfällen in Kongo zusammengebastelt hatten, ließ sich nicht ordentlich in einen Kofferraum falten. Im Film aber kann man noch sehen, was sich mit Improvisationstalent alles herstellen lässt, wenn man das Ziel vor Augen hat – Beweglichkeit – und keine Rücksicht nehmen kann auf ästhetische Erwägungen. Auf den unebenen Straßen von Kinshasa ist das Vorankommen auf Rädern ohnehin kein Zuckerschlecken, ob der Rollstuhl nun modern, leicht und faltbar ist oder starr, einfallsreich und bautechnisch eher mit dem Go-Cart verwandt. In einer Stadt, in der die Versorgung mit elektrischem Strom Glückssache ist und man Zeuge wird, wie Menschen, die ohnehin so gut wie gar nichts besitzen, das wenige, das sie besaßen, durch ein Feuer in ihrer Notunterkunft abhanden kommt.

Wenn die französischen Dokumentaristen Renau Barret und Florent de la Tullaye, die eigentlich ausgezogen waren, ganz allgemein und überblicksartig die lebhafte Straßenmusikerszene von Kinshasa zu dokumentieren, die Band schließlich auf Reise in den reichen Norden begleiten, zu der es nur durch ihr Engagement überhaupt kommen konnte, wird dann wirklich so etwas wie »Buena Vista Social Club« aus dem Film, der sich nun emphatisch und mit dem Namen der Band einfach »Benda Bilili!« nennt. Eklektisch wie die Musik aus Wenders’ Film, der traditionelle kubanische Rhythmen mischt mit der elektronischen Musik von Geldgeber und Selbstdarsteller Ry Cooder, eklektisch ist die Musik der Kongolesen ohnehin und schon von ihrem Ursprung an. Denn nicht eine irgendwie kongolesische Folklore spielt die Band, sondern eine Mischung aus Musikrichtungen, die sie aus dem Radio kennen. Westliches, neu zusammengesetzt, afrikanisch gewürzt, sehr gut anzuhören.

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