Forschen im Trüben vor Spiekeroog

Warum wächst das Wattenmeer? Wissenschaftler prüfen eine These

  • Hans-Christian Wöste, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Wissenschaftler aus Hamburg, Oldenburg und Warnemünde erforschen mit Unterwassersonden zwischen Spiekeroog und Langeoog (Niedersachsen) die physikalischen Prozesse beim Wechsel von Ebbe und Flut. Dabei ist komplizierte Technik im Einsatz.
Spiekeroog. Mit leisem Gluckern rutscht das Messgerät hinunter ins trübe Nordseewasser, Sekunden später erreicht es in zwölf Metern Tiefe den Meeresboden. Ein Knopfdruck auf die Winde und das Gerät kommt nach kurzer Zeit wieder an die Wasseroberfläche. Wieder runter, rauf und noch einmal runter – so geht das den ganzen Tag. Kein besonders spannender Job für den Ozeanografen Lars Umlauf auf dem kleinen Forschungsschiff »Ludwig Prandtl«, doch er nimmt es gelassen: »Was zählt, sind die Ergebnisse, die könnten interessant werden.«

Einmaliges Ökosystem

Seit mehreren Tagen sind wieder Wissenschaftler im Wattenmeer vor der Insel Spiekeroog aktiv. Das uralte Zusammenspiel von Ebbe und Flut in dem einmaligen Ökosystem Wattenmeer müsste doch eigentlich längst in allen Details untersucht sein? Für Meereswissenschaftler Götz Flöser vom Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht gibt es noch viele offene Fragen. »Wir wollen herausfinden, warum das Wattenmeer wächst. Bis jetzt ist unklar, wie viel Schwebstoffe dort hineingelangen.«

Auf den ersten Blick klingt die These von Flöser und seinem Kollegen Hans Burchard vom Leibniz-Institut für Küstenforschung in Warnemünde banal: Mit der Flut kommen mehr Schwebstoffe in das Wattenmeer als der Ebbstrom wieder hinausbefördert. Dieses Phänomen ist zwar von den großen Flussmündungen an Weser, Ems und Elbe längst bekannt. Im flachen Watt gestalten sich die Verhältnisse jedoch durch geringere und höhere Salzmengen komplizierter. »Bei Ebbe schichtet sich das Wasser, bei Flut wird es durchmischt«, sagt Flöser. Die Durchmischung sorgt für einen stärkeren Transport von Sedimenten zur Küste, wo sie sich ablagern. Daher ist das Wattenmeer trotz des langsamen Anstiegs des Meeres nicht abgesoffen, sondern im Laufe der Zeit mitgewachsen.

Wandernde Sandbänke

Um diese physikalischen Prozesse zu erfassen, müssen von Bord der »Ludwig Prandtl« viele Daten gesammelt werden, die bislang noch nicht vorlagen. Automatische und handbediente Sonden verfolgen Strömungsrichtung und -stärke, Salzgehalt, Trübung, Temperatur und Dichte sowie Turbulenzen unter Wasser. Beteiligt sind Forscher aus Hamburg, Oldenburg und Warnemünde.

Die Auswertung der Ergebnisse kann auch Rückschlüsse über die Qualität des Wassers liefern. Zudem seien Szenarien über Verschiebungen von Sandbänken oder Fahrrinnen denkbar, berichten Flöser und Burchard. Küstenbehörden in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein bekämen außerdem grundlegende Informationen zur Überwachung des Ökosystems Wattenmeer.


Reh auf der Insel

Hamburg (dpa/ND). Auf der Nordseeinsel Trischen ist erstmals ein Reh gesichtet worden. »Ich traute zunächst meinen Augen nicht«, sagte der Ornithologe Björn Philipps vom Naturschutzbund (Nabu) am Donnerstag. Ob das Tier die zwölf Kilometer vom Festland bei Ebbe oder Flut zurücklegte, ist unklar. Phillips glaubt, dass das Reh noch ein Weilchen bleiben wird. Futter fände es auf der unbewohnten Insel vor der Elbmündung überall. »Früher oder später wird es aber wohl aufs Festland zurückkehren«, sagte Philipps.

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