Scheidung nun auch auf Maltesisch
Katholische Kirche erlitt bei Volksabstimmung empfindliche Niederlage
Es war eine der dramatischsten Volksbefragungen, die das kleine Land im Mittelmeer je erlebt hat. Vor allem die katholische Kirche hatte sich mit all ihrer Macht dagegen gestemmt, dass sich auch Malteserinnen und Malteser künftig scheiden lassen können. Sie tapezierte die Straßen des Inselstaates mit riesigen Plakaten, auf denen völlig verängstigte Kinder zu sehen waren, und mit Losungen, die einige Beobachter als »spirituellen Terrorismus« bezeichneten. In allen 427 Kirchen des Staates wurden Botschaften verlesen, in denen die Malteser aufgefordert wurden, mit »Nein« zu stimmen. Aber offensichtlich hat die massive Propaganda ihren Zweck nicht erfüllt, denn obwohl fast 100 Prozent aller Malteser sich als katholisch bezeichnen, hat über die Hälfte nicht auf die Kirche, sondern auf das eigene Gewissen gehört. Und noch am Sonntag, vor Schließung der Wahllokale, entschuldigte sich die Kurie Maltas für die massive »Einmischung« in die Wahlkampagne – wahrscheinlich, um nicht noch mehr Einfluss zu verlieren.
Bisher hatte es Malta nur die Möglichkeit einer gesetzlichen Trennung gegeben, eine neue Ehe konnte aber nicht eingegangen werden. Das wird jetzt anders. Ministerpräsident Lawrence Gonzi, der sich selbst gegen das neue Gesetz ausgesprochen hatte, erklärte sofort nach Bekanntwerden des Ergebnisses, das maltesische Parlament werde den »Willen des Volkes respektieren, das sich mit einem klaren Sieg der Ja-Stimmen im Referendum dafür ausgesprochen hat, die Scheidung zu legalisieren«.
In Malta mit seinen 410 000 Einwohnern ist der Einfluss der Kirche extrem stark. So erklärte einer der Initiatoren der Volksbefragung, der Abgeordnete Jeffrey Pullicino Orlando, auch gleich, dass die Bedeutung des Referendums weit über den eigentlichen Gegenstand hinausgehe: Es führe Malta »in eine neue Ära, in der Staat und Kirche endlich getrennt werden«.
Pullicino Orlando gehört der Nationalistischen Partei an, die Malta seit 25 Jahren regiert, tritt aber für einen moderneren Staat ein. Gemeinsam mit Evaristo Bartolo von der oppositionellen Labourpartei hatte er die Volksbefragung angeregt. Bartolo sagte nach dem Sieg der Ja-Stimmen: »Ab heute werden sich die Dinge in Malta ändern. Diese Wahl wird ein regelrechtes Erdbeben in der Gesellschaft auslösen, die schon lange eine Veränderung wollte, aber von der Kirche und den mit ihr verbündeten Wirtschaftskräften unterdrückt und kontrolliert wurde.«
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