NATO setzt in Libyen jetzt auch Kampfhubschrauber ein
Angriffe auf Stadt Al-Brega / Russland warnt vor Bodenkrieg
Tripolis/London (dpa/ND). Die NATO hat nach drei Monaten schwerer Bombardements in Libyen erstmals auch wendige Kampfhubschrauber eingesetzt. Französische »Gazelles« und britische »Apaches« nahmen am Wochenende Stellungen der Truppen des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi ins Visier. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in London griffen die Hubschrauber eine Radarstellung und einen militärischen Kontrollpunkt in der Nähe der ostlibyschen Stadt Al-Brega an.
Russland reagierte mit deutlicher Kritik auf den Hubschraubereinsatz. »Der Einsatz von Kampfhubschraubern gegen Landziele ist aus meiner Sicht der letzte Schritt vor einer Bodenoperation«, sagte der russische Vizepremier Sergej Iwanow auf einer Asien-Sicherheitskonferenz in Singapur. Russland hatte sich wie China bei der Entscheidung des UN-Sicherheitsrates über einen Militäreinsatz »zum Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen« enthalten. Moskau kritisiert aber, dass die Angriffe gezielt einen Umsturz herbeiführen sollen.
Der britische Außenminister William Hague sieht die NATO nach einem Besuch in der libyschen Rebellenhochburg Bengasi auf dem richtigen Weg. Solange Gaddafi sein Volk weiter misshandele, werde die NATO ihre Angriffe fortsetzen und intensivieren.
Bei den Gesprächen kurz vor einem Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Abu Dhabi in der nächsten Woche ging es nach Angaben des britischen Außenministeriums um einen »politischen Fahrplan« für die Zukunft des Landes. Es müssten Pläne für eine transparente Regierung ausgearbeitet werden, die eine starke zivile Kontrolle über das Militär und die regionale Vertretung vorsehen, sagte Hague. Der Außenminister sprach in seinen offiziellen Erklärungen vom Übergangsrat als der »legitimen Vertretung des libyschen Volkes«. Er vermied allerdings, von einer anerkannten Regierung zu sprechen. Unter anderem Frankreich, Italien und Katar haben den Übergangsrat offiziell anerkannt.
Im USA-Kongress löst der seit über zwei Monaten andauernde Libyen-Militäreinsatz des Westens zunehmend Ungeduld aus. Am Freitagabend forderte das Repräsentantenhaus Präsident Barack Obama in einer Resolution auf, die US-amerikanische Rolle in dem Konflikt zu erklären sowie Details über die geplante Dauer und die voraussichtlichen Kosten der Beteiligung zu nennen.
Nach dem Flüchtlingsdrama vor der tunesischen Küste sind bei der Wiederaufnahme der Suche am Sonntag 20 Leichen geborgen worden. Das gab ein Polizeisprecher der Küstenstadt Sfax bekannt. Die tunesischen Behörden hatten von 200 bis 270 Vermissten gesprochen, nachdem am Dienstag ein Flüchtlingsboot mit 850 Menschen an Bord nach einer Motorpanne vor den Kerkenna-Inseln gekentert war. Die Bergungsaktion war am Donnerstag wegen schlechten Wetters zwei Tage ausgesetzt worden.
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