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Hier ist kein Platz für den Naziladen

Parteien und antifaschistische Gruppen rufen zur Demonstration am Freitag in Schöneweide auf

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Freitag wollen Berliner Parteien sowie zivilgesellschaftliche und antifaschistische Gruppen in Schöneweide demonstrieren. Sie wenden sich gegen den noch nicht eröffneten Naziladen »Hexogen« in der Brückenstraße, in unmittelbarer Nachbarschaft der berüchtigten Kneipe »Zum Henker«. Laut Eigenwerbung soll der Laden »alles für den Aktivisten« bieten. In die Regale geräumt wurden beispielsweise Rucksäcke fürs paramilitärische Training, T-Shirts und Hosen mit aus der Distanz nicht erkennbaren Aufdrucken und Paintball-Rüstzeug.

»Für einen solchen Naziladen ist in der weltoffenen Stadt Berlin kein Platz«, sagt Clara Herrmann, Rechtsextremismusexpertin der Grünen. »Mein Wunsch ist ein gemeinsamer Aufruf zur Demonstration von Personen aus allen demokratischen Parteien. Unsere Landeschefs sind dafür offen. Wir werden das Stimmungsbild bei den anderen Parteien sondieren.« Linksfraktionschef Udo Wolf will ebenfalls nach Schöneweide kommen und seine Anhänger mobilisieren. Auch die SPD steht hinter der Demo. Auf Ebene des Bezirkes Treptow-Köpenick ruft bereits ein überparteiliches Bündnis die Anwohner rund um den S-Bahnhof Schöneweide zur Demo auf.

Angemietet hat den Laden nach Angaben des Hausbesitzers Sebastian Schmidtke. Schmidtke ist stellvertretender NPD-Landeschef, führender Kopf hinter der Kameradschaftsszene und Anmelder zahlreicher Nazidemos. Axel Kaufmann von der Vermietergesellschaft der Brückenstraße 9 bedauert die Vermietung. »Der rechtsextreme Hintergrund des Mieters war uns zum Zeitpunkt der Vermietung nicht bekannt. Ansonsten hätten wir Abstand davon genommen. Wir haben bereits einen Rechtsanwalt mit dem Ziel beauftragt, so kurzfristig wie möglich eine Räumung der vermieteten Fläche herbeizuführen.« Das könnte aber schwierig werden, wenn Schmidtke nicht freiwillig räumt.

Der Name des Ladens, »Hexogen«, bezieht sich auf einen Sprengstoff, der Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin entwickelt wurde und im Zweiten Weltkrieg in großer Menge auf deutscher Seite eingesetzt wurde.

Clara Herrmann warnt vor der Verfestigung von Nazistrukturen in Niederschöneweide: »Der Laden ist eine zusätzliche Gefahr an dem ohnehin extrem sensiblen Ort. Er droht zu einem zusätzlichen Anziehungspunkt für Rechte zu werden.« Ihr zufolge müsse verhindert werden, dass sich Menschen, die anders aussehen oder anders denken als Nazis, rund um den S-Bahnhof Schöneweide nicht mehr auf die Straße trauen.

Besonders brisant: Im selben Haus betreibt ein freier Träger der Jugendhilfe eine Krisenwohnung. Dort sollen auch Jugendliche Schutz finden. Clara Herrmann: »Da kann ein Jugendamt nicht ernsthaft jemanden hinschicken.«

Polizeisprecher Frank Millert bestätigte die Anmeldung der Demonstration für Freitag 18 Uhr in Schöneweide. Seine Behörde befinde sich noch in Detailabsprachen über die Route. Aus Polizeikreisen war zu erfahren, dass die Ordnungshüter mit einem riesigen Aufgebot vor Ort sein werden, um Eskalationen zu vermeiden. Erst Ende Juni wurden zwei Zivilpolizisten nach Polizeiangaben von vermummten Neonazis in der Nähe des »Henker« massiv bedroht. Die Angreifer flüchteten in die Kneipe. Bei einer anschließenden Razzia wurden die Männer festgenommen und »diverse Schlag- und Stichwerkzeuge« sichergestellt.

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