Kulturhaus für die rechte Szene

Neonazi Hupka plant »Nationales Zentrum« im alten Schloss von Trebnitz

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 5 Min.
Ein »Nationales Zentrum Mitteldeutschland« plant der Neonazi Steffen Hupka nahe Bernburg. Ob der Plan aufgeht, ist derzeit allerdings noch fraglich.
Vor der Freitreppe stapeln sich herausgerissene Heizungskörper. Ein Graben endet ziellos im verwilderten Garten, in dem ein paar frisch geschlagene Bäume herumliegen. Ansonsten deutet wenig darauf hin, dass am Trebnitzer Schloss in den letzten Monaten jemand Hand angelegt hat. Noch nicht einmal der Wegweiser wurde aktualisiert: »Feierabendheim« steht auf dem Holzschild gleich vorn am »LPG-Hof«. Geht es nach Steffen Hupka, wird demnächst wohl eine Tafel im Ort auf das »Nationale Zentrum Mitteldeutschland« hinweisen. Unter dieser Bezeichnung führt die rechtsextreme Szene nach Angaben des sachsen-anhaltischen Verfassungsschutzes ein Projekt, das der bundesweit bekannte Neonazi Hupka im ehemaligen Schloss einzurichten gedenkt. Geplant sind in dem Haus, das bis vor zwei Jahren von der Volkssolidarität genutzt wurde, ein Schulungszentrum, eine Bibliothek, eine Gaststätte und Wohnungen. Ein geeigneteres Domizil hätte Hupka kaum finden können: Das unmittelbar an der Saale gelegene Schloss ist von einer hohen Mauer umgeben; der verschlafene Ort mit seinen 400 Einwohnern liegt abseits großer Straßen, aber trotzdem nur zehn Minuten von der Autobahn entfernt. Für 100000 Mark wechselte das Haus bei einer Auktion im vorigen Frühjahr in Berlin den Besitzer. Das ist nur etwas mehr als ein Viertel des geschätzten Verkehrswertes - »ein Schnäppchen«, sagt Rainer Hachfeld. Der Rechtsanwalt berät den vormaligen Eigentümer der Immobilie, den Landkreis Bernburg. Die dort Verantwortlichen sind alles andere als glücklich über die geplante Nutzung. Der Verkauf an die Rechtsextremen sei nicht zu verhindern gewesen, sagt Hachfeld. Bei der Versteigerung sei nicht Hupka, sondern der Würzburger Neonazi Uwe Meenen als Bieter aufgetreten. Dieser gehört zwar rechtsextremistischen Organisationen wie dem »Deutschen Kolleg« an und hat höhere Funktionen in der NPD. Er ist aber weit weniger bekannt als Hupka. Immerhin versuchte der Landkreis, den Zuschlag rückgängig zu machen. Nachdem ein Teil des Kaufpreises erst mit eintägiger Verspätung eingetroffen war, ließ man es trotz geringer Erfolgsaussichten sogar auf eine Klage ankommen. Vergebens. Inzwischen steht Meenen als Eigentümer im Grundbuch. Erst nach der Eintragung tauchte auch Steffen Hupka auf. Er gehört zu den Größen der rechtsextremen Szene in Ostdeutschland. Der 1962 geborene Ex-Funktionär der »Jungen Nationaldemokraten« und anderer verbotener Organisationen, dem auch politische Gegner großes »Charisma« bescheinigen, kam 1994 nach Sachsen-Anhalt. Er koordinierte die Aktivitäten der »Harzfront« um Quedlinburg und war zeitweise Landeschef der NPD. Sein politischer Anspruch, der von konsequentem Elitedenken geprägt ist und sich um Legalitätsprinzipien nicht schert, führte jedoch zum Zerwürfnis. Im März 2000 wurde Hupka als Landesvorsitzender gestürzt, im Dezember 2001 sogar ausgeschlossen. Pläne, ein überregionales Schulungszentrum zu errichten, hegt Hupka seit langem. Der Ausbau eines Hauses in seinem Wohnort Timmenrode am Harzrand scheiterte aber - wohl an fehlendem Geld und mangelndem Engagement der Kameraden. Ob dem Trebnitzer Projekt mehr Erfolg beschieden sein wird, ist offen. Dorfbewohner geben an, schon seit Wochen niemanden mehr auf dem Grundstück gesehen zu haben. Der Bescheid über die genehmigte Bauvoranfrage liegt seit zwei Monaten im Landratsamt zur Abholung bereit - offenbar fehlen aber sogar die wenigen hundert Euro, um die Gebühr begleichen zu können. Dass ein »Nationales Zentrum Mitteldeutschland« auf die rechtsextreme Szene einen enorm belebenden Einfluss haben könnte, ist indes kaum strittig. Der Verfassungsschutz sieht als Zielgruppe vor allem die Kameradschaften in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen an. Die losen Verbindungen gelten als Schnittpunkte zwischen der harten Neonazi-Szene, die in Sachsen-Anhalt offiziell etwa 300 Personen zählt, und den zahlenmäßig stärkeren gewaltbereiten Skinhead-Gruppen. Zu einer unmittelbaren Gefahr könnte die Trebnitzer Einrichtung werden, wenn sie sich nicht nur als »Kaderschmiede« für den inneren Kreis der Szene verstünde, sagt David Begrich. Der Rechtsextremismus-Experte beim Verein »Miteinander« weist darauf hin, dass erfolgreiche Kameradschaften zunehmend den »vorpolitischen Raum« besetzen und Jugendliche eher über »Lifestyle« als über politische Schulungen an sich zu binden suchen. Skinhead-Konzerte, Kameradschaftsabende, Wanderungen oder Veranstaltungen für deutsche »Mädels« - wenn Trebnitz einen Raum für solche Aktivitäten böte, sagt Begrich, »dann haben wir ein massives Problem«. Zudem wären die Möglichkeiten der Polizei, Konzerte oder andere Veranstaltungen zu unterbinden, auf dem Privatgelände relativ beschränkt. »Hupka hat immer viel angefangen und wenig zu Ende gebracht«, hofft jedoch Begrich. Trotz versuchter Mobilisierung im Internet gibt es für Arbeitseinsätze im Dienste der gemeinsamen Sache derzeit offenbar »wenig Interesse in der Szene«, konstatiert der Verfassungsschutz. Bei Schloss Trebnitz handelt es sich um ein geschütztes Einzeldenkmal, stellt Rechtsanwalt Hachfeld klar. Die Behörden haben bei Mauerabbrüchen oder Fußbodenarbeiten ebenso mitzureden wie beim Auswechseln der Fenster, von denen es im Schloss allein fast 100 gibt. Ohnehin kann mit dem Umbau erst begonnen werden, wenn die Baugenehmigung erteilt worden ist. Das notwendige Verfahren dauert drei Monate - mindestens. Die von Hupka eingereichten Unterlagen, verlautet aus dem Landratsamt, seien nicht sonderlich gut. Möglicherweise habe der Kauf des Trebnitzer Schlosses aber noch einen anderen Hintergrund, sagen Beobachter. Sie weisen darauf hin, dass der Kaufpreis von einem NPD-Funktionär beglichen wurde: »Unter Umständen soll hier vor dem NPD-Verbot noch Parteivermögen fest angelegt werden.« Zwar gilt das Verhältnis zwischen der Partei und ihrem Ex-Funktionär Hupka eigentlich als zerrüttet. Auffällig ist aber, dass auch NPD-Funktionäre derzeit Immobilien kaufen. So will der Ex-Vorsitzende Manfred Deckert einen Gasthof im Erzgebirge ausbauen lassen. Noch muss ein »Nationales Zentrum Mitteldeutschland« wohl eher als latente Gefahr betrachtet werden. Steffen Hupka bat bei seinen Kameraden vor einiger Zeit um Sachspenden, darunter 200 Garnituren Bettwäsche und 200 Brombeersträucher. Eine Pflanzaktion, geschweige denn eine Ernte sind dennoch nicht in Sicht.

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