Fluggesellschaften stecken Steuer ein

US-Kongress kann sich nicht auf neues Budget der US-Luftfahrtbehörde einigen

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Was der republikanische Crash-Kurs in Sachen Schuldenobergrenze den USA insgesamt bringen könnte, zeigt der Streit um den Haushalt der Luftfahrtbehörde schon mal im Kleinen: Öffentlich Bedienstete müssen in den Zwangsurlaub, staatliche Aufgaben können kaum noch erfüllt werden, Steuereinnahmen brechen weg und es profitieren große Unternehmen.

Die Blockade im Streit um die Obergrenze der US-Schulden hat bereits ihre ersten Opfer gefordert – und bringt die ersten Profiteure hervor. So konnten sich Republikaner und Demokraten vor einigen Tagen nicht auf die Verlängerung des Budgets für die US-Luftfahrtbehörde FAA einigen. Dieses betrug zuletzt 16 Milliarden Dollar im Jahr.

Die Arbeit der FAA wird seit 2007 jeweils durch Verlängerung des laufenden Budgets finanziert, was inzwischen 21 Mal geschehen sei. Jetzt aber wollten die Republikaner massive Kürzungen durchdrücken, was die Demokraten ablehnten – nun steht die Aufsichtsbehörde vorübergehend ohne Budget und damit ohne Finanzmittel da.

Als Folge schickte die FAA sofort 4000 Mitarbeiter in den Zwangsurlaub, allein 1000 im Hauptquartier in Washington. Behördenchef Randy Babbitt lässt sie nur ungern ziehen: »Das sind Menschen, die ihre Familien zu ernähren haben. Sie verdienen es nicht, in schwierigen Zeiten auf die Straße gesetzt zu werden«, kritisierte er. Verkehrsminister Ray LaHood beteuerte, dass die Flugsicherheit daher nicht gefährdet sei – Fluglotsen und anderes Sicherheitspersonal könnten weiterarbeiten.

Der Streit um das FAA-Budget hat eine weitere Folge: Die Behörde ist nun vorübergehend nicht in der Lage, die Steuern auf Flugtickets zu erheben. Bei einem durchschnittlichen Ticket in Höhe von 300 Dollar sind eigentlich 30 Dollar Steuern fällig. Pro Woche entgehen dem Staat damit Einnahmen in Höhe von 200 Millionen Dollar.

Die Passagiere werden von dem Steuerwegfall zunächst nichts sehen. Die Fluggesellschaften reichen dies nicht weiter, sondern stecken sich das Geld in die eigene Tasche: »Wir haben die Preise angepasst, so dass die Tickets genauso viel kosten wie bisher«, sagt Tim Smith, Sprecher von American Airlines. Die Fluggesellschaften würden damit auf die Unsicherheit reagieren, wann die Steuern wieder eingetrieben werden. Der Staat könnte diese für solche Tickets nachfordern, die vor der Wiedereinführung der Steuer bezahlt worden sind, aber erst danach genutzt werden. Offen ist auch, was mit dem bereits eingezogenen Geld für früher gekaufte Tickets geschieht, bei denen die Abgabe berechnet, aber nicht eingezogen wurde.

Verbraucherschützer dagegen fordern von den Fluggesellschaften, die weggefallenen Steuern an die Kunden weiterzugeben. »Warum sollte ihnen das Geld zustehen?«, fragt auch Tom Parsons, Chef des Internetreiseanbieters Bestfares.com. »Sie setzen uns schon genug mit ihren Gebühren zu. Jetzt wollen sie sogar die Gebühren einbehalten, die der Regierung zustehen.«

Beim Streit um das FAA-Budget geht es um zwei verhältnismäßig kleine, aber symbolträchtige Posten. Die Republikaner wollen die Subventionen in Höhe von 16 Millionen Dollar für 13 kleinere Regionalflughäfen streichen, die sich größtenteils in demokratisch beherrschten Wahlbezirken befinden. Flughäfen im republikanisch geführten Alaska dagegen sollen nicht auf Staatsgeld verzichten müssen. »Das ist ein Angriff der Republikaner in Washington auf ländliche Gebiete, die ohnehin schon unterversorgt sind«, sagte der Sprecher von Harry Reid, Senator aus Nevada und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat.

Der andere Zankapfel ist das Streikrecht der Gewerkschaften bei Fluggesellschaften und Bahnen. Der Nationale Vermittlungsausschuss hatte vor einem Jahr beschlossen, dass die Beschäftigten bei Urabstimmungen Streiks mit einfachen Mehrheiten beschließen könnten. Zuvor wurden Enthaltungen als Gegenstimmen gezählt. Die Republikaner wollen die alte Bestimmung wieder einführen – obwohl Präsident Barack Obama bereits sein Veto angekündigt hat.

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