Für Bäume, die mitverpachtet wurden, ist der Grundstückseigentümer verantwortlich
Pachtgrundstück – Schuldrechtsanpassungsgesetz
Die Kläger, die Pächter, haben gegen die Beklagte, die Grundstückseigentümerin, einen Anspruch auf Zahlung von 461 Euro. Sie nutzen das Grundstück aufgrund eines dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterfallenden Überlassungsvertrages von Dezember 1970, also zu DDR-Zeiten. Zwei inzwischen große Eichen haben dem Umfang ihrer Stämme nach bei Begründung des Pachtverhältnisses bereits auf dem Grundstück gestanden. Schon im August 2009 machten die Kläger die Eigentümerin auf Gefahren, die von den Bäumen fürs Nachbargrundstück ausgehen, aufmerksam und wiesen sie auf die entstehenden Kosten, die sie zu tragen hat, hin. Die Beklagte lehnte sowohl Verantwortung als auch Kostenübernahme ab.
Dies zu Unrecht, bestimmten die Richter. In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit solches im Schuldrechtsanpassungsgesetz bestimmt ist (§ 6 Abs. 3 SchRAnpG). Bestimmungen darüber, wer die Aufwendungen für Instandhaltung und notwendige Instandsetzung zu tragen hat und wer das Grundstück in einem einwandfreien Zustand zu erhalten hat, enthält das SchRAnpG jedoch nicht. Mithin gilt eine Klausel des Vertrages, auf die die Beklagte sich beruft, nicht, heißt es in dem Urteil.
Die Kläger veranlassten die Totholzausästung an den zwei Eichen und einer Kiefer auf dem Grundstück durch eine Firma und glichen die Rechnung aus. Die Eigentümerin weigerte sich zu zahlen.
Die Richter bestimmten, dass die Kläger, indem sie die Ausästung der Bäume in Auftrag gaben und bezahlten, ein Geschäft für die Beklagte geführt haben (§ 539 BGB). Als Grundstückseigentümerin hat die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf von dem Grundstück ausgehende Gefahren zu tragen. Dazu gehöre auch, dass auf das Nachbargrundstück herüberragende Äste dort keinen Schaden anrichten.
Die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte jedoch ausdrücklich abgelehnt. Die Erfüllung dieser Pflicht hat indes im öffentlichen Interesse gelegen.
Die beklagte Grundstückseigentümerin muss also zahlen: 461,12 Euro nebst Zinsen. Und sie muss darüber hinaus die Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 61,05 Euro freistellen.
Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 2. Dezember 2010, Az. 12 C 213/10
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