Die Restschuldversicherung – eine teure Absicherung

ND-Serie: Welche Versicherungen Sie wirklich brauchen (Teil 17)

  • Lesedauer: 4 Min.
In einer Artikelserie zum umfangreichen Thema Versicherungen behandelt unser Autor HERMANNUS PFEIFFER, Wirtschaftspublizist in Hamburg, jeden Mittwoch an dieser Stelle unterschiedliche Aspekte und Probleme über Versicherungen im Alltag, über Sachversicherungen oder Versicherungen zur Gesundheit und Arbeit. Im heutigen Teil 17 geht es um die Restschuldversicherung bei Krediten.

Oft verkaufen Banken mit einem Kredit auch gleich noch eine Versicherung: die Restschuldversicherung. Obwohl sie eine der häufigsten Versicherungsarten ist, ist sie weitgehend unbekannt.

Zwei von drei Ratenkrediten werden mit einem Zusatzvertrag gekoppelt, einer Restschuldversicherung. Diese springt im Notfall ein, etwa wenn Sie arbeitslos werden und Sie die Raten nicht mehr bezahlen können. Auch im Todesfall hilft eine Restschuldversicherung den Hinterbliebenen, Schulden zu begleichen. Eine solche Absicherung kann also durchaus zweckmäßig für den Kreditkäufer sein. Doch sie gibt es natürlich nicht umsonst.

Als zusätzliche Sicherheit für die Bank

Für die Bank dient die Restschuldversicherung als zusätzliche Sicherheit. Auch das kann sinnvoll sein. Allerdings dient die Restschuldversicherung der Kreditwirtschaft häufig als zusätzliche Gewinnquelle. Die Erträge aus einer solchen Police können üppig sein. Mancher Bankberater drängt daher seine Kunden gern zu einem Abschluss – selbst dann, wenn die Police bei einer neutralen Betrachtung gar nicht nötig wäre.

»Eine Restschuldversicherung verteuert den Kredit extrem«, warnt Rechtsanwalt Eberhard Ahr aus Bremen vor einer unüberlegten Unterschrift. Einen Ruf als Abzocker Nr. 1 hatte sich jahrelang die Citibank (heute Targobank) erworben, die auch als Trikotsponsor von Werder Bremen auftrat.

Es ist aber nicht allein der hohe Preis, der Experten verärgert, sondern es ist auch die Geheimnistuerei, die in der Kreditwirtschaft nach wie vor verbreitet ist. Die Kosten für eine Restschuldversicherung geben Banken nämlich nicht ohne Weiteres im vorgeschriebenen Effektivzinssatz für einen Kredit an. Verbrauchern bleibt dadurch die tatsächliche Belastung, denen sie durch eine Restschuldversicherung ausgesetzt werden, oftmals verborgen.

Dazu muss man wissen: Zins ist nicht gleich Zins! Gern nennen Banken nur den (niedrigeren) Nominalzins von Darlehen und Geldanlagen. Dieser ist quasi der Nettozins. Sie zahlen aber den Bruttozins: Zum Nominalzins kommen nämlich im Regelfall noch Gebühren, die den tatsächlichen Preise für einen Kredit noch erheblich verteuern können. Aussagekräftiger ist daher der Effektivzins. Er berücksichtigt auch versteckte Kosten und Gebühren, die beispielsweise für die Bereitstellung eines Darlehensbetrages zu zahlen sind.

Ein Produkt, zwei Verträge

In der Praxis sind der Kredit und die Restschuldversicherung zwei unabhängige Verträge. »Die Bank lässt ihnen in der Regel die freie Wahl, ob sie zusammen mit dem Kreditvertrag eine Restschuldversicherung abschließen wollen oder nicht«, erklärt ein Sprecher der Bundesfinanzaufsicht Bafin. Die Kosten für eine »freiwillig« abgeschlossene Restschuldversicherung müssen jedoch nicht (!) in den effektiven Jahreszins des Kredites mit eingerechnet werden. Gibt Ihnen die Bank jedoch den Kredit nicht ohne eine Restschuldversicherung, muss sie die Kosten für die Restschuldversicherung in den Effektivzins mit einrechnen. Dies schreibt die Preisangabeverordnung vor.

Gegen diese Grundregeln wird allerdings immer wieder verstoßen. Verstöße gegen die Preisangabeverordnung ahndet die Preisbehörde des jeweiligen Bundeslandes, in dem die Bank ihren Sitz hat. Die Behörde kann in jedem Einzelfall ein Bußgeld von bis zu 25 000 Euro verhängen.

Kostspieliges Komplettpaket

Im Bankalltag steht nicht immer »Restschuldversicherung« drauf, wo eine Restschuldversicherung drin ist. Jede Kreditbank, jeder Baufinanzierer und jeder Autokreditverkäufer bietet heute eine eigene Variante an, jeweils mit einem anderen Fantasienamen geschmückt. Dabei sind Banken und Sparkassen nur Vermittler, die eigentliche Versicherungsleistung wird von der Assekuranz gestellt.

Im Wesentlichen werden fast immer die gleichen Bedingungen gestellt. So lassen sich drei verschiedene Grundarten der Restschuldversicherung unterscheiden.

1. Mindestabsicherung
Bei dieser Variante der Restschuldversicherung ist der Todesfall des Kreditnehmers abgesichert. Im Versicherungsfall würde der Restkredit durch die Versicherungsleistung getilgt, und die Angehörigen müssten keine Ratenzahlungen mehr leisten.

2. Kombi-Absicherung
Zusätzlich zur bereits erwähnten Absicherung gegen den Todesfall bietet die Kombi-Absicherung auch einen umfassenden Schutz gegen Unfall (»unfallbedingte Invalidität«) und gegen Arbeitsunfähigkeit. Die Versicherung gewährleistet, dass der Kredit nach Wegfall der Lohnzahlung zurückgezahlt würde, und befreite damit den arbeitsunfähigen Kreditnehmer von seinen Rückzahlungsverpflichtungen.

3. Komplett-Absicherung
Mit der Komplett-Absicherung ist der Kreditnehmer am umfassendsten gegen Risiken des alltäglichen Lebens finanziell abgesichert. So ist die versicherte Person nicht nur gegen Unfall, Arbeitsunfähigkeit und Tod, sondern auch gegen Arbeitslosigkeit abgesichert. Der Kreditnehmer bräuchte sich notfalls dann keine Sorgen mehr über seinen Kredit und die Rückzahlung zu machen.

Einen teuren Haken hat die Komplett-Absicherung allerdings: Je umfassender der Versicherungsschutz, desto teurer kommt Ihnen die Restschuldversicherung zu stehen.

Unser Tipp
Seit 2010 gelten verbraucherfreundlichere gesetzliche Regeln für Darlehen. Die Verbraucherzentrale Bremen hat Informationen über verschiedene Kreditarten ins Internet gestellt. Das Faltblatt »Auf dem Weg zum Kredit« und »Ihre neuen Rechte gegenüber Kreditvermittlern – damit Sie nicht abkassiert werden« können auf der Webseite der Verbraucherzentrale unter

www.verbraucherzentrale-bremen.de heruntergeladen werden.
Teil 18 in der nächsten Woche: die Kinderversicherung

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