Bunte Kreidebilder gegen braune Anti-EU-Hetze

Leipziger Aktionsbündnis ruft Bürger zum Protest gegen die erste Nazikundgebung am Völkerschlachtdenkmal seit 1998

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Gegen eine NPD-Veranstaltung, die am Samstag am Leipziger Völkerschlachtdenkmal stattfinden soll, wird breiter Widerstand organisiert. Alle Ratsfraktionen und der OB rufen die Bürger zum Protest auf.

Leipzigs Bürger sollen sich einer NPD-Veranstaltung, die für Samstag am Völkerschlachtdenkmal angemeldet ist, »gewaltfrei, friedlich und besonnen entgegensetzen«. Dazu rufen alle demokratischen Stadtratsfraktionen und Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) in einer Erklärung auf. Sie knüpft an eine gute Tradition in der sächsischen Stadt an, wo die rechte Szene jahrelang versuchte, beispielsweise den 1. Mai für Demonstrationen zu missbrauchen. Breiter Widerstand sorgte oft genug dafür, dass die erhofften imposanten Aufzüge im Debakel endeten.

Für diesen Samstag hat die NPD nicht zu einer Demonstration, sondern zu einer Kundgebung geladen, die unter dem Titel »Schluss mit der EU-Diktatur« auf dem Platz vor dem Völkerschlachtdenkmal stattfinden soll. Diesen, wie es im Aufruf heißt, »Schicksalsort deutscher Geschichte« hatten frühere Demonstrationen der Rechten vergebens angepeilt; die jetzige Veranstaltung wäre die erste der Nazis seit 1998 an dem Denkmal. Bei der Kundgebung, mit der eine bundesweite Anti-EU-Kampagne eröffnet wird, sollen Sachsens NPD-Chef Holger Apfel sowie Michael Schäfer, der Bundeschef der Jungen Nationaldemokraten, reden; neben dem Szenebarden Frank Rennicke sollen drei Rechtsrockbands spielen. Die Anmelder erwarten rund 500 Teilnehmer.

In der Stadt formiert sich dagegen Widerstand, den das seit 2009 aktive Bündnis »Leipzig nimmt Platz« koordiniert. Zwar sei es »ungleich schwieriger, eine Kundgebung zu behindern, als das bei einer Demonstration wärte«, räumt Sprecherin Juliane Nagel ein. Es sei aber trotzdem »oberstes Ziel, die Naziveranstaltung nicht stattfinden zu lassen«. Angemeldet wurden fünf Kundgebungen im Umkreis des Denkmals.

Vorige Woche hatte das Bündnis dem Ordnungsamt wegen dessen Auflagen noch vorgeworfen, den Protest verdrängen und Aktionen »in Sicht- und Hörweite« behindern zu wollen, was in einem offenen Brief an OB Jung beklagt wurde. Inzwischen sind jedoch vier Kundgebungen genehmigt, die von der Linksjugend, den Jusos, der ver.di-Jugend und den Grünen angemeldet wurden. Nur für eine Kundgebung von Leipzig.Courage, für die sich auch der Oberbürgermeister als Redner angemeldet hat, steht die Genehmigung aus. Eine Entscheidung soll heute fallen. Gegebenenfalls werde man vor Gericht ziehen, kündigte gestern Edda Möller von Leipzig.Courage an.

Zum Protest wird mit 2000 Teilnehmern gerechnet. Gegen den vorerst letzten Naziaufzug in Leipzig im Oktober 2010 hatten 5000 Menschen protestiert.

Solche Erfolge des Protestbündnisses sorgen offenkundig für Verärgerung bei den Rechten. Die NPD teilte mit, man habe Strafanzeige gegen »Leipzig nimmt Platz« erstattet, weil es sich um eine »kriminelle Vereinigung« handle, die mithilfe »kommandoartiger straffer Strukturen« die Versammlungsfreiheit verletze. Als Steilvorlage nutzt die NPD dabei offenbar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden gegen eine angebliche »kriminelle Vereinigung«, die wohl im Umfeld des Bündnisses »Dresden nazifrei« vermutet wird. Das hatte Blockaden von Naziveranstaltungen am 13. und 19. Februar organisiert.

Das Leipziger Bündnis will Akteneinsicht beantragen und bereitet unbeirrt seine Aktionen vor. Am Freitag abend soll der Platz, auf dem die Nazis sich am Samstag treffen, unter Anleitung des Künstlers Michael Fischer-Art mit bunter Kreide bemalt werden: »Da kann man den Nazis schon vorab seine Meinung sagen«, erklärt Bündnissprecher Frank Kimmerle.

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