Protest im Sorbenland

Domowina-Vorstand will über rigorose Sparpläne und deren Auswirkungen diskutieren

  • Anett Böger, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sorben müssen sparen und tun sich schwer damit. Seit Ende Juni liegen Vorschläge für Kürzungen und Veränderungen auf dem Tisch. Es formiert sich jedoch Widerstand.

Bautzen. Die Sorben in Ostsachsen und Südbrandenburg ringen seit Jahren ums Geld. Um genügend Geld, damit der nationalen Minderheit erhalten bleibt, was seit Jahrzehnten besteht. Dazu gehören zwei Sorbische Museen in Bautzen und Cottbus, ein National-Ensemble mit Orchester, Chor und Ballett, Theater in sorbischer Sprache sowie ein Verlag und ein Forschungsinstitut für das kleinste slawische Volk. Doch mit den Mitteln, die es aus öffentlichen Kassen dafür bekommt, wird der Spielraum immer enger. Der zuständige Stiftungsrat für das sorbische Volk fasste daher im Juni Beschlüsse, was sich ändern soll – und löste damit einen großen Aufschrei aus.

David Statnik, Vorsitzender der sorbischen Dachorganisation Domowina, nennt die Summe der Zuschüsse ein »finanzielles Korsett«. Insgesamt 16,8 Millionen Euro überweisen der Bund sowie die Länder Sachsen und Brandenburg jährlich an die Sorbenstiftung, die das Geld verteilt. Durch steigende Kosten ist diese jedoch zunehmend gezwungen zu sparen. »Wir müssen überlegen, wie wir unsere Strukturen effektiv gestalten«, sagt Statnik. Wo gekürzt werde, gehe Substanz verloren. Doch an Veränderungen in Einrichtungen und Organisationen führe kein Weg vorbei, weiß er.

Entsetzen im Institut

Monatelang hatten Sorben in Arbeitsgruppen und Gremien über Reformen diskutiert. Was der Stiftungsrat dann auf seiner Sitzung im Juni beschloss, scheint allerdings kaum jemandem recht zu sein. Offenbar sind die Einschnitte zu gravierend. Der Zuschuss für das Sorbische Institut in Bautzen etwa sollte ab 2013 von derzeit rund 1,8 Millionen Euro um fast 500 000 Euro sinken. Dietrich Scholze, Direktor der Forschungseinrichtung, reagierte entsetzt: »Mit dieser Kürzung können wir nicht weitermachen.« Mit künftig nur 18,5 anstatt bislang 28,5 Planstellen sei es nicht mehr möglich, vier Fachabteilungen aufrecht zu erhalten. »Sparen ja, aber nicht so«, sagt Scholze. Er sieht das komplexe Profil seines Instituts in Gefahr, das auch eine Zweigstelle in Cottbus hat. Mit Nationalbibliothek und Sorbischem Kulturarchiv sei die Einrichtung wichtige Anlaufstelle für wissenschaftliche Recherchen. Die Stiftung habe es nicht nur versäumt, vor den Beschlüssen mit betroffenen Einrichtungen zu reden, sondern habe auch Gutachten und Empfehlungen von sieben Arbeitsgruppen ignoriert, kritisiert der Institutsdirektor. Inzwischen ist die Diskussion wieder im Gange, nachdem rund 50 Protestschreiben gegen die Reformpläne eingingen.

Der Sorbische Künstlerbund etwa lehnt strikt den Vorschlag ab, den Domowina-Verlag in ein »Haus der sorbischen Sprache« zu integrieren. Nach den Plänen der Stiftung sollen gleich mehrere Einrichtungen unter dem Dach einer gemeinnützigen GmbH in Trägerschaft der Domowina vereint werden. Da der bislang eigenständige Verlag verschiedene sorbische Printmedien herausgibt, befürchtet der Künstlerbund unter anderem, dass die Pressefreiheit untergraben werden könnte. Maria Matschie, die Geschäftsführerin des Domowina-Verlages, fühlt sich bislang kaum in Lage, das neue Konzept zu beurteilen. »Praktisch sind zu viele Fragen offen«, findet sie. Das Haus der sorbischen Sprache müsse klar strukturiert sein. Niemand dürfe von außen auf die inhaltlichen Aufgaben des Verlages Einfluss nehmen. Auch Stiftungsdirektor Marko Suchy räumt ein, dass organisatorische und juristische Fragen in den kommenden Wochen präzise zu klären sind.

Sondersitzung im Oktober

Der Bundesvorstand der Domowina will den Reformplänen am 8. Oktober eine Sondersitzung widmen. Statnik möchte dazu Vertreter sorbischer Einrichtungen, des Stiftungsrates und der Stiftungsverwaltung an einen Tisch holen, um das Thema in mehreren Runden zu besprechen. Bis zur nächsten Stiftungsratssitzung im November jedenfalls werden die Sorben wohl noch viel diskutieren müssen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal