Salz des Lebens

»Gianni und die Frauen« von Gianni Di Gregorio

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Salz des Lebens heißt der Film auf Englisch. Salz wie Sex. Kein Thema mehr für Gianni (Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Gianni Di Gregorio) und nicht für seine Ehefrau. Längst schlafen sie in getrennten Zimmern. Der durchaus ansehnliche Mann, Jahrgang 1949, ist als Vorruheständler nämlich hinlänglich ausgelastet mit seinen täglichen Obliegenheiten und Gefälligkeiten: der erwachsenen Tochter und der Gattin, die es immer eilig haben wegen ihres Beschäftigtseins außer Haus, das Frühstück bereiten, kochen sowieso, einkaufen, den kleinen Hund ausführen, gleich auch noch den Riesenvierbeiner der jungen hübschen Nachbarin. Gutmütig, selbstlos, bescheiden und ein bisschen schicksalsergeben lässt er sich anstellen, er lebt so dahin.

Dauerbrenner, ganz oben und dick eingeschrieben ins Hausaufgabenbuch seines vermeintlichen »dolce vita«, ist natürlich »la Mamma«. Sie, 95-jährig, wohnt allein mit Pflegerin in prunkschwerer Villa, er hingegen beengt, im römischen Viertel Trastevere. Sie wirft auf liebreizende Weise das Geld zum Fenster hinaus, er, der brave Sohn, hat schon seine Ersparnisse aufgebraucht, um ihren Luxusbedarf zu finanzieren. Ja, wie die Mutter (Valeria Di Franciscis Bendoni, die mit 93 Jahren 2008 ihr Debüt als Schauspielerin gab) ihn ständig in Beschlag nimmt, ist sie die wahre Naturgewalt.

Dass es auch anders sein könnte, redet Giovannis bester Freund (Alfredo Santagata) ihm ein. Das Haus der Mutter, zu erwartendes Erbe, sollte Gianni überschrieben, sie selbst ins Pflegeheim gesteckt oder entmündigt werden (Die quicke Hellwache wird ihnen einen Strich durch die Rechnung ziehen). Und vor allem: Er soll nicht versauern, sondern, wie andere seines Alters auch, sich eine Geliebte zulegen. Pling, pling, pling – die Filmmusik ist die ganzen 90 Minuten lang passender Kommentar.

Denn der Film ist fern von Altherrenfantasie. Sondern angenehm unaufdringlich, warmherzig, sehr genau, fast dokumentarisch in der Beobachtung des sozialen Milieus und der Seelenverfasstheit eines alternden Mannes. So sympathisch, wie der Held mit den leider schon so tiefen Augenringen dem Zuschauer (garantiert jeden Alters) bereits bis dahin erschien, so mitfühlend bleibt er gewiss auch bei Giannis folgenden Bemühungen um eine Buhlschaft – allesamt Fehlschläge, komisch und traurig zugleich. Das Finale: frei von Wehmut, lebensfroh.

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