»Schleichendes Gift« für Schwarz-Gelb

In einer Aktuellen Stunde im Bundestag wurde über die politische Insolvenz der Regierung diskutiert

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Oppositionsparteien haben während einer Aktuellen Stunde im Bundestag scharfe Kritik an dem Kurs der schwarz-gelben Bundesregierung bei der Bekämpfung der EU-Schuldenkrise geübt.

Die Opposition muss dieser Tage nicht viel tun, um die Bundesregierung zu schwächen. Den Grünen und der SPD reicht es schon, immer mal wieder öffentlich auf die internen Streitigkeiten in der Koalition über den Euro-Rettungskurs hinzuweisen. So auch gestern, als in einer von der Grünen-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde über die Krisenpolitik der Regierung diskutiert wurde.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, am 29. September werde nicht nur über den erweiterten Rettungsschirm EFSF – durch den künftig auch Staatsanleihen verschuldeter Staaten aufgekauft und Notkredite vergeben werden sollen – abgestimmt, sondern auch über die Zukunft der Bundesregierung. Zwar wollen die Grünen und die SPD der deutschen Beteiligung am EFSF zustimmen, aber wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hierbei aufgrund der Abweichler in den eigenen Reihen keine eigene Mehrheit auf die Beine stellen sollte, fordern die Oppositionsparteien den Rücktritt der Regierung.

Dies hat aber die Regierungsmitglieder wenig beeindruckt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte kürzlich erklärt, eine eigene Mehrheit sei nicht nötig. Für den Rettungsschirm werde es mit den Stimmen von Grünen und SPD eine Mehrheit von rund 80 Prozent geben. Und der CDU-Abgeordnete Norbert Barthle bescheinigte den Grünen, diese hätten sich bisher konstruktiv verhalten. Den »Klamauk«, den Trittin nun aufführe, verstehe er nicht.

In den vergangenen Wochen hatten vor allem Spitzenpolitiker von CSU und FDP mit ihren Forderungen, unter bestimmten Umständen Griechenland aus der Währungsunion auszuschließen, Merkels Kurs in der Schuldenkrise indirekt infrage gestellt. Der FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hatte zudem eine geordnete Insolvenz Griechenlands ins Gespräch gebracht. Generalsekretär Christian Lindner erklärte, Rösler werde aus »staatspolitischer Verantwortung« diese Position weiter vertreten. »Wir werden das europäische Erbe verteidigen«, sagte Lindner. Ein Appell, der offensichtlich an die Euroskeptiker in der eigenen Fraktion gerichtet war.

Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, sieht in dem von FDP-Politikern angestrebten Mitgliederentscheid zum dauerhaften Rettungsschirm ESM, der ab 2013 den befristeten EFSF ablösen soll, »schleichendes Gift« für Schwarz-Gelb. Sollte der Entscheid Erfolg haben, müssten die Liberalen die Regierung verlassen, so Oppermann.

Laut einer Forsa-Umfrage rechnet nicht nur die Opposition mit einem baldigen Auseinanderbrechen von Schwarz-Gelb. Nur noch eine knappe Mehrheit der Deutschen glaubt, dass die Regierung bis 2013 durchhält.

Grundsätzliche Kritik an den Programmen für Griechenland übte Linksparteivize Sahra Wagenknecht. »Es waren keine Hilfs-, sondern Killerprogramme«, konstatierte sie. »Griechenland ist pleite.« Die Bundesregierung habe sich mit ihren Maßnahmen als Erfüllungsgehilfe von Bankeninteressen präsentiert, die von den Programmen profitierten. Die Kosten für die Schuldenkrise müssten letztlich hauptsächlich die Steuerzahler übernehmen, monierte die LINKEN-Abgeordnete.

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