Alles auf Anfang bei CCS

Gesetzliche Regelung auch nach Bundesrats-Nein ein Muss

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.
Bundesregierung und Länder müssen sich baldigst darüber einigen, wie sie die CCS-Erprobung regeln oder ob sie die umstrittene Technologie lieber verbieten wollen.

Das Gesetz zur Abspaltung und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid ist im Bundesrat gescheitert – aus altbekannten Gründen. Im Bundesrat wurde darüber hinaus keine Mehrheit gefunden, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Der Ball liegt daher wieder bei Bundesregierung und Bundestag: Will sie ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union verhindern, muss sie selbst den Vermittlungsausschuss anrufen. Die Positionen der Bundesländer sind allerdings so konträr, dass nur eines bleibt: ein Gesetz zum Verbot der Technologie.

Die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) gilt den einen als Klimaschutztechnologie, um Kohlekraftwerke, aber beispielsweise auch die Zementproduktion klimafreundlicher zu gestalten. Den anderen gilt CCS als Mittel zum Zweck, Kohlekraftwerke länger laufen zu lassen. Die Kritiker lehnen die Technologie auch deshalb ab, weil sie gesundheitliche Schäden befürchten.

Der Bundesrat stimmte am Freitag aus mehreren Gründen gegen das Gesetz, das der Bundestag im Juli beschlossen hatte: Die von SPD und Grünen regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg forderten die Anrufung des Vermittlungsausschusses, da das Gesetz »in keinem ausreichenden Maße eine ergebnisoffene Erforschung der CCS-Technologie unter Berücksichtigung der Anwendbarkeit, ihrer Risiken sowie der ökonomischen und gesellschaftlichen Akzeptanz« gewährleiste, sondern »unmittelbar eine großtechnische Umsetzung« ermögliche. Die Länder forderten darüber hinaus, im Gesetz den Einsatz der Technologie für die Energieerzeugung – in erster Linie Kohlekraft – auszuschließen sowie lediglich für die Stahl- und Zementproduktion zu erlauben. Das Votum fand keine Mehrheit.

Die Länder Brandenburg, Hamburg und Sachsen beantragten dagegen, die sogenannte Länderklausel zu streichen, auf die wiederum Niedersachsen und Schleswig-Holstein bestehen, um die Speicherung von CO2 auf ihrem Gebiet ausschließen zu können. Das rot-rot regierte Brandenburg lehnt die Klausel ab, weil das Bundesland zwar die Erforschung der Technologie gerade im Energiesektor befürwortet, dabei aber nicht zum Kohlendioxid-Klo der Nation werden möchte, wenn andere aussteigen. »Entweder die Speicherung von CO2 wird als sichere und zukunftsfähige Technologie für ganz Deutschland anerkannt und weiter erprobt, oder sie findet vorerst nirgendwo statt«, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nach der Bundesratsentscheidung. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sprach hingegen von einem »bitteren Tag für CCS-Gegner«: Der Bundesrat habe eine große Chance verpasst, die Technologie zu verhindern.

Ob die Klausel allerdings taugt, um die Kohlendioxidverpressung in einem kompletten Bundesland auszuschließen, ist umstritten. Ein von den Umweltorganisationen Greenpeace und BUND in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kam Anfang September zu dem Schluss, dass die Länderklausel keine ausreichende Rechtssicherheit für ein Veto einzelner Länder bietet.

Für Umweltverbände und Bürgerinitiativen gegen CCS war das Scheitern des Gesetzes im Bundesrat Grund zum Jubeln. »Jetzt muss die Bundesregierung konsequent handeln und CCS grundsätzlich verbieten«, kommentierte Greenpeace-Energieexpertin Anike Peters. Laut EU-Richtlinie hätten alle EU-Länder ein Gesetz zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid vorlegen und bis Mitte 2011 umsetzen müssen. Die Richtlinie sieht auch die Möglichkeit vor, mittels Gesetz die Kohlendioxid-Verpressung zu verbieten, wie dies in Österreich bereits geschehen sei. Entsprechende Gesetzesvorschläge hatten die Bürgerinitiativen im Dezember 2010 und die Linksfraktion im Bundestag im März vorgeschlagen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal