Was der Patient vor der OP wissen sollte

Krankenhausbehandlung (Teil 2)

  • Lesedauer: 5 Min.
Wer krank wird, ist in der Symphonie des Lebens aus dem Takt gekommen. Um das Orchester wieder zum Klingen zu bringen, lässt sich ein Krankenhausaufenthalt oft nicht vermeiden. Unser Beitrag erhellt, was man als Patient wissen sollte, Der erste Teil des Beitrages erschien im Ratgeber vom 21. September 2011. Heute der zweite und letzte Teil.

Ist eine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnet, kann sich der Chefart nur in begrenzten Fällen vertreten lassen und hat seine Leistung im Kernbereich grundsätzlich persönlich zu erbringen. Der Kernbereich ist von Fachgruppe zu Fachgruppe unterschiedlich.

Während der Chirurg die Operation persönlich zu erbringen hat, muss der Anästhesist die Aufklärung und die Voruntersuchung durchführen, auch die Narkose selbst ein- und ausleiten. Während der Operation muss er indes nicht anwesend sein. Ist die Verhinderung des Chefarztes nicht vorhersehbar, kann sich der Chefarzt auch vertreten lassen, andernfalls muss er mit dem Patienten eine individuelle Vertretungsvereinbarung schließen.

Die Vertretungsvereinbarung ist allerdings nur dann wirksam, wenn dem Patienten die Möglichkeit bleibt, zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen. Nicht nur, dass der Vertreter namentlich benannt wird, der Patient muss auch die Möglichkeit haben, statt der Wahlleistung Krankenhausleistungen mit Facharztstandard ohne Arztwahl in Anspruch zu nehmen.

Besondere Bedeutung der ärztlichen Aufklärung

Wesentliche Bedeutung hat für den Patienten die ärztliche Aufklärung. Nur eine umfassende und sachgerechte Aufklärung ermöglicht es dem Patienten, verantwortliche Entscheidungen zu treffen.

Grundsätzlich wird zwischen der Therapie- beziehungsweise Sicherungsaufklärung einerseits und der Selbstbestimmungsaufklärung andererseits unterschieden. Hinsichtlich letzterer kommt der Diagnose- und Verlaufsaufklärung, der Aufklärung über alternative Behandlungsmöglichkeiten sowie der Risikoaufklärung besondere Bedeutung zu.

Grundsätzlich ist der Arzt verpflichtet, dem Patienten die Diagnose mitzuteilen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die Mitteilung kontraindiziert ist, also der Gesundheit des Patienten abträglich ist.

Steht die Diagnose fest, hat der Arzt den Patienten über dessen zukünftiges Verhalten aufzuklären, das ihn vor Schaden bewahren kann. So ist zum Beispiel der Asthma-Patient darüber aufzuklären, dass er nicht rauchen sollte, der Allergiker darüber, was er meiden muss.

Der Arzt hat dann die notwendige Therapie zu wählen. Hierin ist er grundsätzlich frei. Dies bedeutet, er kann unter verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, die bezüglich der Heilungschancen, der Belastung des Patienten und der Risiken gleichwertig sind, frei wählen.

Differieren die Methoden jedoch gerade im Hinblick auf die Risiken, hat der Patient einen Anspruch darauf, davon unterrichtet zu werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn etwa eine echte Wahlmöglichkeit zwischen operativem und konservativem, Vorgehen besteht.

Erfolgschancen und Sicherheit sind zu benennen

Entscheidet sich der Patient gleichwohl zur Operation, muss der Arzt den Patienten über zeitliche Dringlichkeit und die medizinische Notwendigkeit der Operation informieren. Er muss ihm auch die sicheren Folgen beschreiben. Auch die Erfolgschancen und die Erfolgssicherheit sind Bestandteil der Verlaufsaufklärung.

Ganz wesentliche Bedeutung kommt der Risikoaufklärung zu. Der Patient muss zwar nur im Großen und Ganzen aufgeklärt werden, aber unbedingt ermessen können, was der Eingriff für ihn bedeutet. Er kann nur dann sein Selbstbestimmungsrecht wahren, wenn er das »Für und Wider« kennt. Er ist über alle Risiken zu informieren, die zum Zeitpunkt des Eingriffs dem medizinischen Kenntnistand entsprechen.

Grundsätzlich ist auch über seltene eingriffstypische Gefahren, die für den Laien nicht auf der Hand liegen, zu informieren, zum Beispiel über Nervenschädigungen in Folge spezieller Lagerung während der OP, die im schlimmsten Fall zu einer lebenslangen Lähmung der Beine führen kann.

Die Aufklärung ist prinzipiell eine ärztliche Aufgabe, die nicht delegierbar ist. Der Bundesgerichtshof verlangt für die Aufklärung über die Operationsrisiken jedoch nicht unbedingt die Identität zwischen Operateur und aufklärendem Arzt. Der aufklärende Arzt haftet aber im Falle der Aufklärungsverletzung neben dem operierenden Arzt. Jeder beteiligte Arzt ist für seine spezielle Behandlungsaufgabe selbst aufklärungspflichtig.

Adressat der Aufklärung ist im Regelfall der Patient selbst. Ist dieser minderjährig, so hat der Arzt zu prüfen, ob der Patient bereits einwilligungsfähig ist. Der Patient muss den Sachverhalt verstehen können, die Informationen in angemessener Weise verarbeiten und in der Lage sein, diese Informationen auch zu bewerten. Auf dieser Grundlage muss er seinen Willen bestimmen können. Eine bestimmte Altersgrenze ist daher nicht vorgegeben.

Generell sollte der Arzt bei Minderjährigen unter 14 Jahren wohl immer die Einwilligung der Sorgeberechtigten, im Regelfall der Eltern, einholen. In der Altersstufe vom 14. bis zum 18. Lebensjahr kommt es auf die Persönlichkeit des Jugendlichen an. Bei schwerwiegenden Eingriffen ist es hier ratsam, die Eltern zumindest zusätzlich zu konsultieren. Dies gilt umso mehr, je weniger dringlich der Eingriff ist, etwa bei einer kosmetischen Operation.

Liegt ein Fall der gesetzlichen Betreuung vor, ist unbedingt der Betreuer zu konsultieren. Bei einem Patienten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, muss sich der Arzt vergewissern, ob die erteilte Aufklärung verstanden wurde. Der Arzt muss im Zweifel einen Dolmetscher oder einen Mitarbeiter des Krankenhauses hinzuziehen, der die Übersetzung vornimmt.

Mündliches Gespräch zwischen Arzt und Patient

Die Aufklärung hat grundsätzlich durch ein mündliches, vertrauensvolles Gespräch zwischen Patienten und Arzt zu erfolgen. Es kommt immer wieder vor, dass dem Patienten lediglich Formular und Merkblätter ausgehändigt werden, die er unterzeichnen soll. Davor, dies zu tun und auf das ausführliche Gespräch zu verzichten, kann nur gewarnt werden. Die Existenz solcher unterschriebener Einwilligungserklärungen des Patienten sind nur ein Indiz dafür, dass zuvor überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat.

ANKE PLENER

Rechtsanwältin, Berlin

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