Verkehrte Welt

Sonja Vogel über 30 Jahre Berliner Flüchtlingsrat

  • Lesedauer: 2 Min.

Zum Jubiläum im Jahr 2001 hatte die damalige Geschäftsführerin Frauke Hoyer gesagt: »20 Jahre Flüchtlingsrat Berlin sind genug.« Recht hatte sie. Aber der Flüchtlingsrat existierte weiter. Und noch immer ist kein Ende in Sicht: Tausende Flüchtlinge ertrinken im Mittelmeer, werden an der EU-Grenze einkaserniert. Und die wenigen, die es nach Deutschland schaffen? Immer noch zu viele.

Und auch in Berlin geht die Rolle rückwärts: Weil die Mieten steigen, werden Flüchtlinge wieder in Gemeinschaftsunterkünfte gedrängt. Über den Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) wird viel diskutiert – nur über eines nicht: Die Asylschnellverfahren. Einige sprechen schon vom »Abschiebeflughafen Willy Brandt«.

Viel hat der Flüchtlingsrat erreicht in einem System, das Flüchtlinge getreu dem Motto »Aus den Augen, aus dem Sinn« an die Peripherie verfrachtet. Ohne Geld. Ohne BVG-Ticket. Als wäre das nicht genug, weisen hiesige Schulen Flüchtlingskinder ab. Darf nicht wahr sein? Ist es aber. Die Kinder, oft traumatisiert und ohne Familie, möchten zur Schule gehen – und dürfen nicht. Die Behörden drücken beide Augen zu. Ganz anders bei Schulschwänzern: da rückt die Polizei an. Verkehrte Welt.

Die verkehrte Welt aber hat System. Und solange dem so ist, solange soziale und rechtliche Gleichbehandlung politisch schlicht nicht gewollt sind, braucht es Institutionen wie den Flüchtlingsrat, die jenen, die nicht sprechen können oder dürfen, eine Stimme leihen.

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