Bürgergeld: Für die Totalverweigerung

Bürgergeld-Beziehende und die Verweigerung von Lohnarbeit werden zu Unrecht stigmatisiert, meint Lola Zeller.

Zum Jobcenter zu müssen, um Geld zum Überleben zu erhalten, ist keine schöne Erfahrung.
Zum Jobcenter zu müssen, um Geld zum Überleben zu erhalten, ist keine schöne Erfahrung.

Wenn es um Schikane durch die Jobcenter geht, zeigt ein Einzelfall nach dem anderen: Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, haben das nicht selbst gewählt. Ob es Erkrankung, Schicksalsschlag oder einfach der Arbeitsmarkt ist, der gnadenlos wegwirft, wen er nicht mehr braucht, und von vornherein ausschließt, wer ohnehin schon gesellschaftlich benachteiligt wird – Auslöser für Arbeitslosigkeit gibt es viele. Und die Betroffenen hätten ein besseres Leben, wenn sie einen stabilen Job und ein auskömmliches Einkommen hätten.

Alleine alle Anforderungen an die Jobcenter-Bürokratie zu erfüllen, ist schon mehr Arbeit als so mancher Job. Und dann verweigern die Ämter auch noch oft genug selbst die Arbeit: Betroffene erhalten Kündigungen von ihren Vermietern, weil das Jobcenter die Miete trotz Einreichung aller Unterlagen nicht gezahlt hat. Wenn sich die Situation nicht rechtzeitig aufklären lässt, droht die Räumung. Spricht man mit wohnungslosen Menschen in Berlin, dann sind nicht wenige unter ihnen, die erst ihren Job und dann in der Folge ihre Wohnung verloren haben.

Selbst wenn es nicht zum Wohnungsverlust kommt, zeigen die Berichte von Bürgergeld-Beziehenden, dass das Geld zum Leben nicht reicht und die Behörden Menschen in die schiere Verzweiflung treiben. Genau deshalb wagt es kaum ein Mensch, sich dem Zwang zur Lohnarbeit tatsächlich zu verweigern. In Anbetracht von sinnlosen und krank machenden Jobs wäre die Totalverweigerung aber eine angemessene Reaktion. Das können sich aber nur die wenigsten leisten – Bürgergeld-Beziehende gehören nicht dazu und werden zu Unrecht stigmatisiert.

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