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Nicht überzeugt, aber diszipliniert

Alle Parteien bis auf die LINKE stimmen mit großer Mehrheit für die Ausweitung des EFSF

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl es wie erwartet für das Gesetz zur deutschen Beteiligung an dem erweiterten Rettungsschirm EFSF eine große Mehrheit im Bundestag gab, ging der Abstimmung eine hitzige Debatte voran. Die EFSF-Aufstockung hat trotz allerlei Skepsis den Bundestag passiert. Die Banken werden beim Euro-Krisenmanagement also weiter geschont. Immerhin will Brüssel einige Milliarden über eine neue Finanztransaktionssteuer dort eintreiben.

Wirklich überzeugt über den erweiterten Rettungsfonds EFSF wirkt Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nicht. Er wolle eine Stabilitätsunion und kein Schuldeneuropa, erklärt der Vizekanzler im Bundestag. Trotzdem ist er bei der abschließenden Debatte über das Gesetz zur deutschen Beteiligung an dem Rettungsfonds bemüht, die Abweichler zur Zustimmung zum EFSF zu überzeugen. Diesen verspricht er indirekt eine harte Linie bei der Umsetzung der neoliberalen Reformen in den europäischen Schuldenländern. »Die Rettungspakete dürfen nur das letzte Mittel und nicht der Ersatz für eine verfehlte Wirtschaftspolitik sein«, ruft er den Abgeordneten zu.

Bei der Abstimmung über den EFSF geht es auch um die Zukunft der Bundesregierung, die in der Krisenpolitik zerstritten ist. Die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit wird letztlich erreicht. In den Regierungsfraktionen gibt es 15 Abweichler. Hätten fünf weitere Parlamentarier der Kanzlerin die Gefolgschaft verweigert, hätte es keine eigene schwarz-gelbe Mehrheit für das Gesetz gegeben. Bei einer Probeabstimmung vor einigen Wochen waren es noch 25 Abweichler gewesen. Einige von ihnen haben sich nun offensichtlich der Fraktionsdisziplin unterworfen.

Ein Gegner des EFSF ist Frank Schäffler (FDP). Er spricht während der Debatte vielen Anhängern seiner Partei aus dem Herzen: »Der Rettungsschirm ist das falsche Signal für die Märkte und die Mitgliedstaaten.« Es würden nur noch mehr Schulden gemacht, während sich die Lage verschärfe, moniert Schäffler. Er verweist zudem auf die »Nichtbeistandsklausel« des Maastrichter Vertrages, wonach ein Land der Währungsunion nicht für ein anderes einspringen soll. Es sei also zu einem kollektiven Rechtsbruch gekommen, so Schäffler.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder betont dagegen das Interesse Deutschlands an der Währungsunion: »Es geht bei dieser Abstimmung auch um unsere Arbeitsplätze und ein Europa, das der Friedenssicherung dient.«

Dies überzeugt zumindest teilweise auch die SPD, die dem EFSF zustimmt. Bei einem seiner derzeit seltenen Auftritte im Bundestag präsentiert sich der ehemalige SPD-Finanzminister Peer Steinbrück, einst Verfechter der Schröderschen Agenda 2010, als Kritiker des »ungezähmten Kapitalismus«. Dieser neige zu Exzessen, Zerstörungen und schade der Demokratie. Weitere Schritte gegen die Wirtschaftskrise seien notwendig, erklärt Steinbrück. Er fordert, die Finanzmärkte zu regulieren sowie Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Auch die Grünen stimmen dem Rettungsfonds zu. »Wer für Europa ist, darf sich nicht dem Instrument verweigern, das EU-Staaten vor den Spekulationen der Finanzmärkte schützt«, sagt Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin vor allem in Richtung der LINKEN.

Diese lehnen den EFSF ab. Fraktionschef Gregor Gysi kritisiert, dass der Rettungsschirm dazu diene, die Verluste der Banken auszugleichen. »Um die Wirtschaft zu stärken, brauchen wir höhere Löhne und Investitionen«, fordert Gysi. Dadurch könne auch die Binnennachfrage gestärkt und die Krise eingedämmt werden. Um gegen die hohe Staatsverschuldung vorzugehen, fordert der LINKE-Abgeordnete unter anderem einen höheren Spitzensteuersatz und eine Millionärssteuer, anstatt Löhne, Renten und Sozialleistungen zu kürzen.

Weitere LINKE-Abgeordnete erklären im Anschluss an die Abstimmung, warum sie sich gegen den EFSF positionieren. Chefvolkswirt Michael Schlecht kritisiert die auf Exporte ausgerichtete deutsche Wirtschaft als eine Ursache für die Krise. Die Folge der deutschen Außenhandelsüberschüsse sei, dass sich andere EU-Staaten verschulden müssen.

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