Ein langer Weg

Die ivorische Wirtschaft steckt noch im Griff des Konflikts

  • Odile Jolys
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach den Unruhen an der Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) leidet die Wirtschaft weiter unter den Folgen. Die von Präsident Ouattara angekündigte Reformen stehen aber noch aus.

Die Kakaoernte in der Elfenbeinküste ist erstaunlicherweise gut ausgefallen. Günstige klimatische Bedingungen machten die ökonomischen Folgen der politischen Krise, die den größten Kakaoexporteur der Welt zu Jahresbeginn erschüttert hatte, zumindest in diesem Sektor wieder wett. Im Vergleich zum Vorfahr stieg die Kakaoproduktion um 25 Prozent, meldete die Kaffee- und Kakao-Vermarktungsgesellschaft Anfang Oktober.

Die umstrittenen Präsidentschaftswahlen Ende November 2010 hatten ein Aufflammen der Gewalt im bürgerkriegszerrütteten westafrikanischen Land ausgelöst. Gezielte Sanktionen und ein Wirtschaftsembargo sollten Druck auf den abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo ausüben, der sich an die Macht klammerte.

Erst nachdem Gbagbo am 11. April festgenommen wurde, nahm Alassane Ouattara, der von der internationalen Gemeinschaft und den westafrikanischen Anrainerstaaten anerkannte Wahlsieger, die Zügel in die Hand. Er verordnete rasch eine Wiederaufnahme der Kakaoexporte und setzte Steuererleichterungen für den Sektor durch, was auch das starke Produktionswachstum der Edelbohnen erklären mag.

Der Wiederaufbau scheint etwas schneller voranzukommen als zunächst gedacht. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) hat die Industrieproduktion im September 2011 schon wieder 95 Prozent des Vorjahrniveaus erreicht. Für die gesamte Wirtschaft wird in Folge der Krise dennoch mit einem Rückgang der Produktionsleistung von 5,8 Prozent in 2011 gerechnet.

Der einstige Wirtschaftsriese Westafrikas sieht im regionalen Vergleich besonders blass aus. Westafrika soll dieses Jahr trotz globaler Krisen um vier Prozent wachsen. Das Nachbarland Ghana erwartet dieses Jahr sogar ein Wachstum von mehr als 13 Prozent.

Positive auf die Wirtschaft der Elfenbeinküste sollte die Aufhebung der verbliebenen EU-Sanktionen und die Wiederaufnahme der internationale Hilfe wirken. So hat der IWF gerade 614 Millionen US-Dollar Finanzhilfen zugesagt.

Ungelöste Probleme werfen jedoch weiter ihre Schatten auf die Wirtschaft und den Wiederaufbau. Vor allem die anhaltende Unsicherheit in mehreren Landesteilen lastet auf der Entwicklung. Im Westen des Landes marodieren immer noch bewaffnete Anhänger Gbagbos und liberianische Söldner. Die humanitäre Lage bleibt insbesondere dort angespannt. Die UN warnt hier weiter vor einer akuten Nahrungsmittelkrise.

Die neue ivorische Regierung will auch die strukturellen Schwächen der Wirtschaft angehen, wie die hohe Korruption. Zudem soll die seit Jahren geplante Reform des Kakao-Sektors vorangetrieben werden. Reformpläne - mit dem Ziel höherer Produktivität und besserer Qualität der Bohnen - soll noch im Oktober bekannt gegeben werden. Die Regierung möchte, dass die Hälfte der geernteten Bohnen im Land selbst verarbeit wird. Zur Zeit werden nur 1,5 Prozent der Ernte in der Elfenbeinküste verarbeitet Der Anteil der Elfenbeinküste am Kakao-Weltmarkt beträgt rund 35 Prozent. Zusammen mit dem Kaffee werden in diesen beiden Bereichen etwa 20 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.

Auch im Alltag scheint die Krise überwunden. Das Warenangebot in den Läden und auf den Märkten der Städte ist wieder reichlich. Die Preise sind aber weiterhin hoch. Die Kaufkraft der Menschen ist deutlich gesunken. Allein in der Hafenstadt Abidjan unterstützt das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen um 54 000 Menschen mit Geld, damit sie sich mit ausreichend Nahrungsmittel versorgen können.

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