Commerzbank in der Defensive

Experte kritisiert »intensive« Verbreitung von Immobilienfonds an Kleinanleger

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Commerzbank hat allen Anteilseigners ihrer umstrittenden Immobilienfonds Abfindungen angeboten.

Ein Fonds, über den deutschlandweit rund 50 000 Kunden unglücklich geworden sind, hat doch gewaltig am Image der Commerzbank gekratzt. Das Dachfonds-Anlagemodell Premium Management ist 2008 sehr aggressiv speziell bei Kunden im Seniorenalter beworben worden, die ihre Ersparnisse statt in erbetener Sicherheit in einer höchst risikobehafteten Anlage parkten und dann mit ansehen mussten, wie sie nur noch gegen hohen Verlust wieder an ihr Geld kommen konnten.

Der Vorwurf an das Geldinstitut bleibt schwerwiegend: Verbraucherzentralen und -anwälte hegten den Verdacht einer systematischen Falschberatung, weil statt einer gewünschten sicheren Geldanlage ein Risiko behafteter Immobilienfonds unter der Bezeichnung Premium Management empfohlen wurde bzw. eine Umschichtung auf diesen, der aber im September 2010 geschlossen wurde und dessen Börsennotierung sich dann in den Keller bewegte.

Immer mehr unzufriedene Anleger bedrängten zuletzt die Bank, die in Einzelfällen Vergleichen vor Gericht zustimmte, um einer Verurteilung zuvor zu kommen. Nach Ansicht von Helge Petersen, Fachanwalt in Kiel, war die versprochene Renditesicherheit für Premium Management nur eine Luftblase, die bereits 2008 im Zuge der Bankenkrise absehbar zum Platzen verurteilt war. In den Beratungen - es gab regelrechte Werbeveranstaltungen dafür - wurden zudem Provisionen zum Vorteil von Kundenberatern nicht thematisiert.

Nach massiver Kritik und vor ener möglichen Klagewelle hat das in die Defensive geratene Geldhaus reagiert und allen Fondsanlegern, die durch die Fondsschließung nicht ohne gewaltige Abstriche in Form von Anteilsverkäufen an ihr Geld gekommen wären, ein Abfindungsangebot unterbreitet, auf das offenbar die meisten Kunden eingegangen sind, wohl wissend, dass sie auf jegliche etwaige Ansprüche wegen einer möglichen Falschberatung verzichten, auch wenn es künftig ein entsprechendes kundenfreundliches Gerichtsurteil geben sollte. Die Bank hat dabei einen Rückkauf der Anteile zu einem Kurs von 43,38 Euro angeboten. Der aktuelle Börsenwert des Papiers liegt zwar deutlich darunter, doch der Ausgabepreis war auch um einiges höher. Eine Ablehnung der Offerte war allerdings mit dem Risiko verbunden, weniger als jene 43,38 Euro zu erhalten. Geblieben sind Zweifel an der scheinbaren Reumütigkeit und vermeintlichen Großzügigkeit der Bank.

Obwohl es aktuell weitere geschlossene Immobilienfonds gibt, will der Referent für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale Kiel, Michael Herte, diese Anlageform nicht per se verteufeln, die in den vergangenen Jahren seiner Meinung nach zu intensiv auch an Kleinkunden mit rascher Rückholmentalität gestreut wurde. »Sie macht aber nur Sinn, wenn jemand für längere Zeit nicht auf seine Geldeinlage angewiesen ist. Diese Art ist eben nicht gleichzusetzen mit dem Termin- oder Tagegeld«, betont Herte.

Lexikon

Bei einem geschlossenen Fonds (engl. Closed-end fund, CEF) kann nur in einem bestimmten Zeitraum investiert werden. Der Erwerber eines Anteils an einem geschlossenen Fonds wird Unternehmer mit entsprechenden Risiken. Gängige Investitionsgüter für geschlossene Fonds sind neben Immobilien auch Schiffe und Anlagen zur Produktion regenerativer Energien wie Windkraftanlagen.⋌nd

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