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Europas Krise erreicht Südafrika

Schwächeres Wachstum und vorsichtige Investoren bereiten Probleme

  • Armin Osmanovic, Johannesburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch die Schwellenländer bekommen längst die wirtschaftlichen Probleme im Euroraum und in den USA zu spüren. In Südafrika sorgt vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit für Kopfzerbrechen.

Südafrikas Finanzminister Pravin Gordhan rechnet angesichts der europäischen Staatsschuldenkrise und der anhaltenden Wachstumsschwäche in den USA mit einer schwächeren wirtschaftlichen Ent-wicklung im eigenen Land. Das erhoffte Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von vier Prozent und mehr werde Südafrika in den nächsten Jahren nicht erreichen, so der Minister. Südafrikas Volkswirtschaft wird dieses Jahr wohl nur um etwas mehr als drei Prozent wachsen. Damit schwindet auch die Hoffnung auf eine deutliche Reduktion der Arbeitslosigkeit. Die offizielle Arbeitslosenquote in Afrikas größter Volkswirtschaft beträgt 25,7 Prozent. Von den jungen Südafrikanern ist sogar jeder zweite arbeitslos. In der Regierung wächst daher die Furcht, dass die Jugend auf die Straße gehen könnte und nordafrikanische Verhältnisse drohen könnten.

Die Misere auf dem Arbeitsmarkt hat die Textilgewerkschaft nun zu einer umstrittenen Maßnahme greifen lassen. Mit den Arbeitgebern einigte sie sich darauf, Einstiegslöhne für Berufsanfänger von bis zu 30 Prozent unter dem Mindestlohn zuzulassen. Die Gewerkschaften in Südafrika hatten Einstiegslöhne oder Lohnsubventionen für junge Arbeitnehmer als Mittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit immer vehement abgelehnt, da es zweifelhaft sei, dass mittels Lohnzurückhaltung oder gar Lohnverzicht Arbeitsplätze gesichert oder gar neue Jobs geschaffen werden können.

Dass sich die Textilgewerkschaft als erste zu einem solchen Schritt bereit erklärt hat, verwundert nicht. Die südafrikanische Bekleidungsindustrie ist besonders hart von Arbeitsplatzverlusten betroffen. Vor allem die billigen Importe aus China setzen der Branche zu.

Die Übereinkunft nehmen andere südafrikanische Arbeitgeberverbände zum Anlass, auch für ihre Branchen niedrige Einstiegslöhne zu fordern. Die ANC-Regierung plant ihrerseits die Einführung von Lohnsubventionen für junge Arbeitnehmer. Bislang ist diese Maßnahme an den Gewerkschaften gescheitert. 2012 soll die Subvention nun aber kommen.

Die Krise im Euroraum hat jedoch auch positive Auswirkungen. Seit Ende Juli ist der Außenwert der südafrikanischen Währung gegenüber US-Dollar und Euro deutlich gefallen. Gewerkschaften und Unternehmen hatten lange über den starken Rand geklagt, der Ausfuhren verteuerte und gleichzeitig Importe verbilligte, was Arbeitsplätze in Südafrika kostete. Der Gewerkschaftsdachverband COSATU trat deshalb sogar für einen festen, von der Zentralbank festgelegten Wechselkurs ein.

Die Schwäche des Rand hat ihre Ursache in der wachsenden Angst der Investoren, dass möglicherweise auch Südafrika seine Schulden nicht bedienen kann. Bislang hatte die Kap-Republik wie viele andere Schwellenländer in großem Umfang Kapital aus dem Ausland anziehen können. Denn Südafrikas Staats- und Unternehmensanleihen verzinsen sich trotz mehrerer Zinssenkungen durch die Notenbank weiterhin deutlich höher als Anleihen vieler Euroländer oder der USA. Inzwischen sind die Investoren aber erheblich vorsichtiger geworden.

Dabei können sich Südafrikas makroökonomische Daten international weiter sehen lassen. Die Staatsverschuldung ist trotz des hohen Haushaltsdefizits von derzeit um die fünf Prozent des BIP deutlich geringer als in den Problemländern Europas. Sorge um Südafrikas Stabilität bereiten denn auch nicht so sehr die Schulden, sondern die steigende Massenarbeitslosigkeit vor allem bei der Jugend. Ein schwächerer Rand, der die Exporte fördert, kommt daher gerade rechtzeitig.

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