Gelbfieber in Düsseldorf

In NRW will die FDP offenbar künftig mitbestimmen, die LINKE klagt gegen den Haushalt 2012

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linksfraktion im NRW-Landtag attackiert die Landesregierung: Rot-Grün vollziehe zusammen mit der FDP einen Kurswechsel zu einer »unsozialen Sparpolitik«. Weil der Haushaltsentwurf für das Jahr 2012 erst im Dezember vorgelegt wird, wird die LINKE jetzt Verfassungsklage erheben.

Die Machtgewichte im Landtag von Nordrhein-Westfalen haben sich verschoben, seit die FDP-Fraktion unlängst von ihrem fundamentaloppositionellen Kurs abgewichen ist und sich der rot-grünen Minderheitsregierung angenähert hat. Diese ist nun nicht mehr darauf angewiesen, meist mit der LINKEN zu kooperieren. Das wurde am Mittwoch während der Plenarsitzung im Landesparlament in Düsseldorf deutlich. Hatten die Wirtschaftsliberalen seit der Landtagswahl 2010 einen »wo nötig auch kantigen Kurs« (Fraktionschef Gerhard Papke) gegen Rot-Grün gefahren, so setzen sie nun auf eine Kuscheltaktik.

Schon macht die LINKE auch einen inhaltlichen Kurswechsel bei Rot-Grün aus: Statt wie bisher als zu milde empfundene Schritte in die beinahe richtige Richtung zu gehen, wende sie sich nun, so Rüdiger Sagel, der Finanzexperte der Linksfraktion, »einer reinen Sparpolitik zu«. So spreche SPD-Fraktionschef Norbert Römer von einem »strammen Sparkurs«. Zudem habe Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) globale Minderausgaben von 750 Millionen Euro angekündigt.

Von einem Politikwechsel für soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit sei nun keine Rede mehr, monierte Sagel in der vorgestrigen Landtagsdebatte. Kurzum, der Linkspolitiker macht ein »neues Bündnis« im Landtag von Nordrhein-Westfalen aus, eine informelle »neoliberale Ampel«, bestehend aus SPD, Grünen und der FDP.

»Dreist und unerträglich«

Die LINKE bereitet derweil eine Verfassungsklage gegen den Haushalt 2012 vor. Allerdings nicht aus inhaltlichen, sondern formalen Gründen: »Der Haushaltsbeschluss kann nicht wie üblich im Dezember erfolgen, weil die Minderheitsregierung den Entwurf erst im Dezember einbringen will«, begründet Sagel den Schritt. Dabei sei der Haushaltsplan vor Beginn des Haushaltsjahres festzustellen. So schreibe es die Landesverfassung vor. Der Finanzexperte, um deutliche Worte selten verlegen, spricht von einem »dreisten und unerträglichen Vorgang«.

Die Landesregierung, glaubt Sagel, nehme die Klage durchaus ernst. Schließlich hatte sie vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster bereits eine saftige Niederlage erlitten: Im März hatten die Richter den Nachtragshaushalt für das Jahr 2010 einkassiert - wegen aus Richtersicht zu hoher Neuverschuldung. Erfolgreich geklagt hatten seinerzeit CDU und FDP - gemeinsam. Doch am vergangenen Mittwoch verweigerte die FDP einem CDU-Antrag die Zustimmung, der die »Schuldenkönigin Kraft« geißelte. In Düsseldorf gehen viele davon aus, dass die FDP einen rot-grünen Sparhaushalt absegnen wird.

Gleichwohl, Vertreter der Regierungsfraktionen widersprachen der LINKEN-Darstellung über ein »neues Bündnis«. Er sei sehr froh, nun mit der FDP reden zu können, sagte Mehrdad Mostofizadeh, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Doch ändere sich an den Leitlinien und Schwerpunkten rot-grüner Politik nichts. Der LINKEN warf Mostofizadeh »Rabulistik« vor.

Die FDP freut sich

SPD-Finanzpolitiker Ulrich Hahnen unterstellte der Linksfraktion »ein Konglomerat von Unsinn«. Die »Koalition der Einladung« bleibe eine solche - und sie weiche nicht vom Kurs einer vorsorgenden Investitionspolitik ab. Allerdings seien nicht alle Blütenträume erfüllbar: Wegen der im Grundgesetz verankerten Verschuldungsbremse müsse man Schwerpunkte setzen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag sieht die rot-grün-gelbe Kooperation ein wenig anders: Es sei gut, freut sich Norbert Witzel, dass die LINKE keinen Einfluss mehr auf die politische Gestaltung habe. Offenbar glauben die Liberalen, die Linkspartei nun ausgebootet zu haben.

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