Druck auf Südafrikas Gewerkschaften wächst

Unzufriedenheit an der Basis und in der ANC-Regierung

  • Armin Osmanovic
  • Lesedauer: 3 Min.
Wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit stehen Südafrikas Gewerkschaften unter Druck.

Die Arbeitslosenrate in Südafrika beträgt 25 Prozent. Vor allem Junge und schlecht Ausgebildete finden keinen Job. Die ANC-Regierung unter Präsident Jacob Zuma und die Unternehmensverbände machen dafür auch die hohen Lohnforderungen der Arbeitnehmervertreter verantwortlich. In den letzten Jahren lag die Lohnentwicklung in Südafrika deutlich über der Inflation von vier bis fünf Prozent. Angesichts einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in Folge der globalen Krise reagieren die Unternehmen auf die steigenden Lohnkosten mit Entlassungen und dem Abbau von Normalarbeitsverhältnissen zu Gunsten von Leiharbeit und Zeitverträgen.

Seit geraumer Zeit plant die Regierung die Einführung eines Einstiegslohns für junge Arbeitnehmer, um deren Beschäftigung zu fördern. Südafrikas Gewerkschaftsdachverband COSATU lehnt dieses Vorhaben ab. Er fürchtet, dass dadurch Arbeitsplätze abgebaut werden könnten und das Lohnniveau insgesamt sinkt. Die Gewerkschaften halten auch deshalb an ihrer Ablehnung fest, da ihre Mitgliedsbasis selbst meist weit höhere Forderungen stellt und daher bei ihnen die Unzufriedenheit mit den Gewerkschaftsvertretern wächst.

Zuletzt kam Bewegung in die Lohnfrage, da Südafrikas Textilarbeitergewerkschaft einem Einstiegslohn zustimmte. Den Unternehmen ist es nun möglich, den Mindestlohn um 30 Prozent abzusenken. Dafür haben sich die Betriebe verpflichtet, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Sofort reagierten andere Unternehmensverbände auf diese Entscheidung in der Textilwirtschaft und forderten ihrerseits Einstiegslöhne.

Druck verspüren die Gewerkschaften nun aber auch von ganz anderer Seite. Südafrikas Städte und Gemeinden drängen auf eine Gesetzesänderung. In Zukunft sollen die Gewerkschaften haften, sollten in Folge von Demonstrationen oder Streiks Schäden an städtischem Eigentum wie Straßen oder Gebäuden entstehen oder Streikende städtische Einrichtungen oder Läden plündern.

COSATU-Präsident Sdumo Dlamini reagierte prompt auf diesen Schritt des Gemeindeverbands Südafrikas, der die finanzielle Stabilität der Gewerkschaften bedrohen könnte. Denn häufig sind Demonstrationen oder Streiks in Südafrika von gewalttätigen Ausschreitungen begleitet. »Wir werden dagegen rechtlich vorgehen, aber auch öffentlich mobilisieren«, kündigte Dlamini an. Notwendig ist eine Veränderung des südafrikanischen Arbeitsrechts. Angesichts des Einflusses der Gewerkschaften auf die mit ihr eng verbundene ANC-Regierung ist abzuwarten, ob sich der Gemeindeverband durchsetzen kann.

Der Zorn auf die Gewerkschaften innerhalb des Regierungslagers ist in den letzten Jahren gewachsen. Der Streik in Krankenhäusern und Schulen, der das Land letztes Jahr für Wochen belastete, ist vielen im Gedächtnis geblieben. Offene Rechnungen mit den Gewerkschaften haben Regierungsvertreter aber auch deshalb, weil es vor allem die Gewerkschaften sind, die auf Korruption und Misswirtschaft hinweisen. Und auch die Gewerkschaftsforderung nach mehr Staatsengagement in der Wirtschaft, aktiver Beschäftigungspolitik und expansiverer Fiskalpolitik ruft im ANC wachsende Verärgerung hervor.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal