Sieg mit Makeln

Kommentar von Martin Ling

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein Sieg mit Makeln: Die frisch gebackene Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf reüssierte in der Stichwahl der liberianischen Präsidentschaftswahlen glasklar mit über 90 Prozent der Stimmen. Doch das klare Ergebnis ist eine Folge des Rückzuges ihres Konkurrenten Winston Tubman, der zwar noch auf dem Wahlzettel stand, seine Anhänger aber zum Boykott aufgerufen hatte, weil er Wahlbetrug durch eine parteiische Wahlkommission witterte.

Für Wahlbetrug spricht zwar nicht viel, dennoch geht Johnson-Sirleaf nun mit Legitimitätsproblemen in ihre zweite Amtsperiode. Dafür sorgt eine niedrige Wahlbeteiligung, die sich vom ersten zum zweiten Durchgang von über 70 Prozent auf unter 40 fast halbierte. Zum Legitimationsdefizit trägt auch Tubmans Hauptargument bei: Die liberianische Kommission für Wahrheit und Versöhnung hatte in ihrem Abschlussbericht 2009 empfohlen, Johnson-Sirleaf für ihre anfängliche Unterstützung des Putschisten und Warlords Charles Taylor zehn Jahre lang von öffentlichen Ämtern auszuschließen, ebenso wie den berüchtigten Milizenführer Prince Johnson, der einst Diktator Samuel Doe vor laufender Kamera gelyncht hatte und nun als dritter der ersten Runde seinen Anhängern anempfahl, »Ma Ellen« ihre Stimme zu geben.

Für Johnson-Sirleaf spricht eine beachtliche Regierungsbilanz - trotz verheerender Ausgangsbedingungen: 80 Prozent Arbeitslosigkeit, 70 Prozent Analphabetentum, über 100 000 zu reintegrierende ehemalige Kämpfer. Dennoch blieb Liberia von neuerlichen Gewaltwellen verschont. Das zu bewahren, dafür hat sie eine große Mehrheit hinter sich.

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