Fracking wird überprüft

Fehlende Transparenz bei unkonventioneller Erdgasförderung

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Förderung unkonventionellen Erdgases braucht neue gesetzliche Regelungen. Darüber waren sich die Sachverständigen im Umweltausschuss des Bundestages am Montag einig. Vertreter der Industrie forderten Rechtssicherheit, Sprecher von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen wollen ein vollständiges Verbot der Technologie.

Der Umweltausschuss hatte am Montag zur Anhörung über die Folgen der Förderung von sogenanntem unkonventionellen Erdgas eingeladen - Gas, das nicht in großen natürlichen Reservoirs lagert, sondern im Gestein eingeschlossen ist und dessen Gewinnung daher besonders aufwendig ist. Wegen steigender Preise und dem absehbar höheren Gasbedarf im Zuge der Energiewende verlegen sich darauf jedoch immer mehr Unternehmen - auch in Deutschland.

Kritiker warnen vor Gefahren für Umwelt und Gesundheit: Zusammen mit Wasser und Sand werden große Mengen an Chemikalien in die Bohrlöcher gepumpt, um Gesteinsschichten aufzubrechen - das Verfahren bezeichnet man als Fracking. Welche Stoffe das sind, ist großenteils unbekannt. »Meistens werden die Zusammensetzungen als geheime Kommandosache behandelt«, sagte Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland.

Pro Bohrloch werden rund 45 Tonnen Chemikalien in den Boden geleitet, darunter auch gefährliche Stoffe. »Die Gasunternehmen verharmlosen, wenn sie sagen, dass sich das Gemisch aus 99 Prozent Wasser und nur einem Prozent Chemikalien zusammensetzt«, sagte Manfred Scholle, Sprecher der Wasserbetriebe Gelsenwasser. Das sei zwar richtig, aber: »Auch wenn man in den Haltern-Stausee ein Würfelzucker Gift reinwirft, hat man bereits große Probleme.«

Die Sachverständigen kritisierten zudem mangelnde Transparenz bei Unternehmen und dem zuständigen Bergamt. »Es ist schon vorgekommen, dass Bürgermeister aus der Presse erfahren haben, dass in ihrem Verwaltungsgebiet Genehmigungen für Probebohrungen erteilt wurden«, sagte Volker Milk, Regierungsvizepräsident der Bezirksregierung Arnsberg im Münsterland (NRW).

Während ExxonMobil in Niedersachsen bereits seit 30 Jahren unkonventionelles Erdgas fördert, erhält das Thema immer mehr Aufmerksamkeit, seit im vergangenen Jahr bekannt geworden ist, dass in Nordrhein-Westfalen 20 Genehmigungen erteilt wurden, um mögliche Lagerstätten zu erkunden. Betroffen ist fast die Hälfte der Landesfläche. Die Landesregierung hat Anfang August dieses Jahres schließlich ein Gutachten ausgeschrieben, das die Folgen der Bohrungen analysieren soll. Bis die Ergebnisse vorliegen, will die rot-grüne Regierung keine Genehmigungen erteilen.

Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will die Risiken untersuchen lassen. Weitere Bohrungen werde es erst geben, wenn sicher sei, dass die Technologie ungefährlich ist. Die Experten sprachen sich nun dafür aus, das Bergrecht zu ändern. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll verpflichtend eingeführt werden. Bislang wird diese erst notwendig, wenn täglich mehr als 500 000 Kubikmeter Gas aus der Erde geholt werden.

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