Wenn's am schönsten ist

Biathlonstar Magdalena Neuner will mit 25 Jahren am Ende des Winters ihre Erfolgskarriere beenden

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.
Nun also doch: Magdalena Neuner tritt am Ende der laufenden Saison zurück. Dann wird die erfolgreichste Biathletin bei Weltmeisterschaften gerade einmal 25 Jahre jung sein. Kein schlechtes Alter, um etwas Neues zu beginnen.

Siege im Spitzensport sind nicht immer so schön, wie sie erscheinen. Schon gar nicht die ganz großen. Als sich Biathletin Magdalena Neuner am 16. Februar 2010 in den kanadischen Bergen von Whistler soeben erstmals ihren Traum vom Olympiasieg erfüllt hatte, begannen die Strapazen erst richtig. Von Interview zu Interview wurde sie ewig lang durch die Mixed Zone geschleift. Journalisten zerrten flehend an ihr, doch noch ein bisschen zu bleiben. Dopingkontrolleure zerrten drängelnd an ihr, in die Katakomben zu verschwinden, und ein Offizieller zerrte ungeduldig an ihr, endlich zur Pressekonferenz zu gehen.

Das hatte sich Neuner womöglich anders vorgestellt, als sie vier Jahre zuvor mit einem 41. Platz ihr Weltcupdebüt in Ruhpolding gegeben hatte. Nach Medaillen, Siegerehrungen, Hymnen strebte sie, nicht nach beängstigend engen Trauben voller Mikrofone und Kameras. Dass sie im März 2012 im Alter von nur 25 Jahren ihre Karriere beenden will, ist da allzu verständlich. Sie hatte es vor zwei Wochen bereits angedeutet und seitdem kaum noch andere Interviewfragen beantworten müssen. Das nervt auf Dauer; also setzte sie den Spekulationen ein Ende.

Auch bei Eisschnellläuferin Jenny Wolf stehen die Zeichen auf Abschied am Ende dieses Winters. Im Gegensatz zu Neuner hat sie noch kein Olympiagold, doch auch sie sagt: »Bei Olympia vergeht einem der Spaß. Daher ist Sotschi für mich wohl keine Option mehr.« Anscheinend denkt Magdalena Neuner ähnlich. Sie hat 25 Einzel-Weltcupsiege errungen. Dass sie den Rekord (42) der Schwedin Magdalena Forsberg brechen könnte, ist jedem klar. Doch auch Neuners Rekorde würden irgendwann gebrochen. Warum sich dafür täglich Berge hinauf quälen?

Als Uschi Disl und Kati Wilhelm, die letzten großen deutschen Biathletinnen, ihre Karrieren beendeten, waren sie jenseits der 30 und wollten endlich Mutter werden. Magdalena Neuner will das zwar auch, doch offenbar zunächst noch Einiges mehr. »Ich sehne mich nach Normalität, nach ein wenig mehr Ruhe und danach, einfach mal die Dinge machen zu können, die ich in meinem Sportlerleben nie machen konnte«, schrieb sie gestern auf ihrer Internetseite. Was genau sie tun will, wisse sie angeblich noch nicht. Egal, was es sein mag: Mit Kind wäre es wohl schwieriger. Der Schritt scheint wohl überlegt.

»Es gibt eigentlich nichts mehr, das ich unbedingt gewinnen muss«, sagt Neuner. Drei Olympiamedaillen, 13 bei Weltmeisterschaften, zwei Gesamtweltcupsiege, und zum Zählen ist es eigentlich noch zu früh. Neuner trägt schon wieder das Gelbe Trikot der Weltcupführenden und strebt bei der Heim-WM in Ruhpolding nicht weniger als sechs Medaillen an. Man male sich nur aus, ihr gelänge das Vorhaben. Was käme danach? Noch mehr Training, noch mehr Medaillen, noch mehr Interviews, noch mehr Fotoshootings. Verlockend klingt das kaum.

Magdalena Neuner will endlich wieder zu Hause ankommen, in Wallgau bei ihrer Familie und ihrem Freund. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das Credo, aufzuhören, wenn es am schönsten ist, steht auch ihr zu - so sehr es uns Statistikern auch schmerzen mag.

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