FDP keilt aus

Hessische Linksfraktion als Extremisten beschimpft

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Äußerung eines FDP-Manns löste im hessischen Landtag einen Eklat aus. Er nannte Linksfraktionsmitglieder in der Debatte um Naziterror »Extremisten«.

Über Naziterror debattierte der Hessische Landtag in seiner letzten Sitzung des Jahres am Donnerstag. Ein FDP-Politiker schlug in seiner Formulierung über die Stränge und sorgte für eine Sitzungsunterbrechung und eine Sondersitzung des Ältestenrates.

Man müsse den Extremismus von links uns rechts bekämpfen. Es gebe »Extremisten in diesem Hause«, erklärte FDP-Innenpolitiker Wolfgang Greilich in Richtung der Linksfraktion. Dafür war ihm der Applaus von CDU- und FDP-Abgeordneten sicher. Eine Rüge an den Liberalen sprach Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) nicht aus. Die LINKE ließ Greilichs Anwürfe nicht auf sich sitzen und protestierte lautstark.

Zuvor hatte die Linksfraktion in einem Antrag die Landesregierung aufgefordert, für eine lückenlose öffentliche Aufklärung über die Fehler des Verfassungsschutzes in Verbindung mit den Straftaten des Terrornetzwerks »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) zu sorgen. »Die Kontrolle der Tätigkeiten des Landesamtes für Verfassungsschutz durch Abgeordnete des Hessischen Landtages ist grundlegend neu zu organisieren«, so der Antrag. Darin wird auch die sofortige Abschaltung der V-Leute in der hessischen Neonaziszene gefordert. »Wer wichtige Instrumente zur Bekämpfung des Extremismus ablehnt, schlägt dem Staat notwendige Abwehrmittel aus der Hand«, sagte dagegen Holger Bellino (CDU).

FDP-Mann Greilich entschuldigte sich nach der Zusammenkunft des Ältestenrats für seine »missverständliche Wortwahl«. Weil er dies dem Vernehmen nach jedoch nur unter dem Druck von Fraktionskollegen tat, wollte sich die Linksfraktion mit einer als »wachsweich« und »halbherzig« empfundenen Entschuldigung nicht abfinden.

Es sei »hetzerisch, verleumderisch und widerwärtig«, in einer Debatte über Tote durch Neonaziterror andere Abgeordnete als Extremisten zu bezeichnen und mit Terroristen auf eine Stufe zu stellen«, sagte Hermann Schaus (LINKE). CDU und FDP sollten in diesen Fragen besonders sensibel sein, so sein Rat. Denn schließlich hätten die FDP-Fraktionen der 50er und 60er Jahre »überwiegend aus Altnazis bestanden«.

Bei der Linksfraktion, die sich seit ihrem Einzug in den Wiesbadener Landtag 2008 regelmäßig Extremismusvorwürfen von der rechtskonservativen CDU-Führung und der FDP ausgesetzt sieht, brachten Greilichs Äußerungen das Fass zum Überlaufen. Sie hat nicht vergessen, dass die Tochter der LINKE-Landesvorsitzenden Heidemarie Scheuch-Paschkewitz 2008 beim Sommercamp der Linksjugend ['solid] im hessischen Schwalm-Eder-Kreis von einem Neonazi schwer verletzt wurde. Das Wahlkreisbüro und örtliche Linkspolitiker sind oft Zielscheibe von Sachbeschädigungen und Drohbriefen von Nazis.

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