Rohstoff-Probleme auch bei grüner Technik?

Metalle der Seltenen Erden könnten zum »Stolperstein« für Erneuerbare Energien und Elektro-Autos werden

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch grüne Technologien sind durch Rohstoff-Engpässe bedroht: Erneuerbare Energie und Elektromotoren benötigen Metalle der Seltenen Erden. Die jedoch werden immer teurer und potenziell knapp.
Atomkraft- und Kohlekraftwerke und Verbrennungsmotoren belasten nicht nur Umwelt und Klima, sie basieren zudem auf endlichen Rohstoffen. Die Gelehrten streiten, ob wir uns dem Höhenpunkt der Ölförderung, nach dem es stetig abwärts geht, nur nähern, oder wir »Peak Oil« bereits überschritten haben.

Bei den Kohlevorräten schaut es ein wenig besser aus – ihre Verbrennung zwecks Verstromung würde jedoch erheblich zum menschgemachten Treibhauseffekt beitragen und muss – müsste! – deshalb tabu sein. Neben allen anderen Punkten, die man an der Atomkraft kritisieren muss, ist Rohstoffknappheit auch hier ein Problem: die Uranvorräte sind endlich, je mehr AKW, desto schneller sind sie erschöpft. Der Zeithorizont liegt bei wenigen Jahrzehnten.

Und die Zukunftstechnologien? Die Metalle der Seltenen Erden – sie werden für beinahe jedes High-Tech-Produkt benötigt, insbesondere aber in Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen sowie Elektro- und Hybridmotoren für PKW, kurzum: für die mehr oder minder schnell erstrebte grüne Zukunft von Energieversorgung und Mobilität.

»Kritische Versorgungslage mit schweren Seltenen Erden – Entwicklung Grüner Technologien gefährdet?«, so ist jedoch eine Kurzstudie der staatlichen Deutschen Rohstoffagentur überschrieben, die im April 2011 erschien. Ihre Hauptaussagen: Längst gebe es Probleme bei der Versorgung mit Seltenen Erden, was insbesondere für die schweren Seltenen Erden wie Dysprosium und Europium gelte.

Seit Beginn des Jahres 2011 hätten deren Preise »schwindelerregende Höhen« erklommen, konstatiert der Bericht. Ein Ende dieses Höhenflugs sei nicht abzusehen. Die Versorgungslage werde sich »weiter verschärfen«. Dabei sind sie wichtig für umweltfreundliche Technologien.

Die Studie stellt fest: Bei Windkraftanlagen seien Alternativen mit Nachteilen verbunden, im Bereich E-Mobilität könnten die schweren Seltenen Erden derzeit »nur sehr eingeschränkt« ersetzt werden, bei energiesparenden Leuchtmitteln sei dies nicht möglich. Kurzum: Auf dem künftig heiß umkämpften Märkten für grüne Technologien würden sich nur jene Unternehmen behaupten können, »die sich in der Rohstoffversorgung mit Seltenen Erden abgesichert haben«.

Die Seltenen Erden könnten sich als »Stolperstein« auf dem Weg zu umweltfreundlichen Technologien erweisen, glaubt man auch beim Öko-Institut. Der starke Aufwärtstrend für Zukunftstechnologien im Bereich Energiewirtschaft oder Mobilität werde die Nachfrage nach speziellen Rohstoffen entsprechend steigern. Insbesondere bei Seltenen Erden sei bis zum Jahr 2030 ein überproportionaler Bedarf denkbar. Allein bei Elektroautos hat das Institut 12 Metalle ausgemacht, die binnen 20 Jahren erheblich stärker nachgefragt würden, sofern Elektroautos wie prognostiziert künftig erheblich an Bedeutung gewinnen. Am markantesten zeige sich der Anstieg bei Dysprosium. Einem schon jetzt knappen Angebot stehe ein stetig wachsender Bedarf gegenüber.

Das Öko-Instititut befürchtet mittel- und langfristige Versorgungsengpässe und schlagt viererlei vor: Erstens einen effizienteren Einsatz der Rohstoffe, zweitens deren Substituierung wo dies möglich sei und drittens bessere Recycling-Strategien. Viertens müssten neue Lagerstätten erkundet und erschlossen werden. Damit, wie es in einer Pressemitteilung des Instituts heißt, eine »kritische Situationen wie durch eine nahezu aus­schließliche Förderung in einem Land zu vermeiden«. Das ist auf China gemünzt: Das Reich der Mitte liefert derzeit über 95 Prozent der Metalle der Seltenen Erden, verknappt aber deren Ausfuhr.

Knapper werdende Ressourcen interessieren jedoch nicht nur Öko-Forscher und staatliche Agenturen. In diesen Tagen hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) seine »Deutsche Rohstoffallianz« gegründet. Ziel sei die Sicherung der Rohstoffversorgung der deutschen Industrie über Engagements bei Projekten im Ausland, wird BDI-Vize-Präsident Ulrich Grillo zitiert. Dabei geht es laut »manager magazin« insbesondere um die Metalle der Seltenen Erden.

Seit Jahren schlagen die Damen und Herren Kapitalisten Alarm wegen knapper werdender Rohstoffe und drohender Versorgungsengpässe. Ein unguter Aspekt: Das geschieht mitunter im satten Imperialisten-Sound.


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