Wie Härten im Unterhaltsrecht durch den Ehevertrag beseitigt werden können

Eheverträge stärken die Rechte der Partner

  • Lesedauer: 3 Min.
Was viele nicht wissen: Eheverträge können dazu dienen, die Rechte der Ehepartner zu verstärken statt sie einzuschränken. Bedarf für solche rechtsverstärkenden Regelungen schafft das im Jahr 2008 reformierte Recht des Ehegattenunterhalts. Wie aber können Eheverträge helfen, die Härten des neuen Unterhaltsrechts zu beseitigen?

Eheverträge gelten gemeinhin als ein Instrument, mit dem die vom Gesetz vorgesehenen Rechte der Ehegatten für den Fall der Scheidung verringert oder ausgeschlossen werden. Gütertrennung statt Zugewinngemeinschaft, Ausschluss des Versorgungsausgleichs und Unterhaltsverzicht gelten als Paradebeispiele für ehevertragliche Regelungen. Doch der Ehevertrag ist weit mehr.

Die Folgen aus dem neuen Unterhaltsrecht seit 2008

Seit dem 1. Januar 2008 gilt ein neues Unterhaltsrecht. Die meiste Aufmerksamkeit hat dabei die Neuregelung des nachehelichen Betreuungsunterhalts erfahren. »Dies ist der Unterhalt, den der geschiedene Ehegatte dem anderen Teil dafür zu zahlen hat, dass dieser wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes nicht berufstätig sein kann.«, erklärt Notar Michael Uerlings, Pressesprecher der Rheinischen Notarkammer. Hier galt bis zur Unterhaltsreform das sogenannte Altersphasenmodell, wegen der maßgeblichen Altersstufen auch 08-15-Modell genannt.

Danach musste der betreuende Elternteil bei der Betreuung eines Kindes bis zu dessen achtem Geburtstag überhaupt nicht arbeiten, ohne seinen Unterhaltsanspruch zu gefährden. Nach dem achten Geburtstag des Kindes hatte er einer Teilzeitbeschäftigung und erst ab dem 15. Geburtstag einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Bei der Betreuung mehrerer Kinder verschoben sich die maßgeblichen Altersstufen weiter nach oben.

Ganz anders das neue Unterhaltsrecht: Danach hat der betreuende Elternteil grundsätzlich nur noch bis zum dritten Geburtstag des Kindes einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Nur im Ausnahmefall kann dieser auch einmal verlängert werden.

»An diesen Ausnahmefall stellt die Rechtsprechung aber sehr hohe Anforderungen, die zudem von dem betreuenden Elternteil dargelegt und nachgewiesen werden müssen«, erläutert Uerlings. Geschiedene Mütter müssen sich daher darauf einstellen, ab dem dritten Geburtstag des jüngsten Kindes wieder vollzeitig arbeiten zu müssen und keinen Betreuungsunterhalt mehr zu erhalten.

»Dies wird von vielen als ungerecht empfunden«, berichtet Uerlings aus seiner Beratungspraxis. Am Anfang der Ehe kollidiert es häufig mit grundlegenden pädagogischen Überzeugungen der Eltern, ihr Kind schon im Alter von drei Jahren ganztägig in eine Betreuungseinrichtung zu geben. Nach einer Scheidung wird diese Sicht von dem unterhaltsverpflichteten Elternteil dann aber häufig nicht mehr geteilt. Eine am Kindeswohl und den Wertvorstellungen der Eltern orientierte Einigung über den Betreuungsunterhalt scheitert im Scheidungsfall regelmäßig an den aufgebrochenen Konflikten zwischen den Eheleuten.

Gestaltungsspielräume beim Betreuungsunterhalt

»Wegen dieser psychologischen Barriere ist es sinnvoll, die Frage des Betreuungsunterhalts möglichst frühzeitig anzugehen und nicht abzuwarten, bis es in der Ehe kriselt«, weiß Uerlings. »Ein geeigneter Zeitpunkt ist häufig dann, wenn sich der Nachwuchs bereits angekündigt hat. Ab diesem Zeitpunkt beschäftigen sich die Eheleute mit Fragen der richtigen Erziehung ihres Kindes und treffen die grundlegende Entscheidung, in welchem Umfang beide Eltern auch nach der Geburt weiterhin berufstätig bleiben wollen«, berichtet Uerlings.

Bei der ehevertraglichen Regelung des Betreuungsunterhalts bestehen für die Eheleute weite Gestaltungsspielräume. »Häufig besteht der Wunsch, ein bestimmtes Altersphasenmodell wieder auf dem Vertragsweg einzuführen. Auch andere Gestaltungen, die längere Betreuungszeiten für die Kinder oder für den beruflichen Wiedereinstieg nutzbare Übergangszeiträume vorsehen, sind denkbar. Durch diese flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten können Erziehungsideale und finanzielle Belange der Eltern in Ausgleich gebracht werden«, so Uerlings.

Wichtig zu wissen ist, dass unterhaltsverstärkende Vereinbarungen, wenn sie vor der Scheidung getroffen werden, notariell beurkundet werden müssen. »Mündliche oder schriftliche Vereinbarungen sind unwirksam und helfen dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten damit überhaupt nicht weiter«, erklärt Uerlings.

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